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Natürlich entstand für unser Geschäft ein bedeutender Schaden
wegen verspäteter Lieferung der Waare, und lässt sich derselbe
zu 20—50 °/, beziffern. »
6. Arbeitseinstellungen in St. Gallen.
Die Stadt St. Gallen ist im Sommer 1871 von einer Ar-
beiterbewegung heimgesucht worden, welche nicht nur alle Kreise
der kantonalen Bevölkerung, sondern auch die übrige Schweiz
und theilweise auch das Ausland lebhaft beschäftigt hat. Denn
der in Leipzig als Organ der internationalen Arbeiterassociation
erscheinende « Volksstaat » erblickte in der Arbeitseinstellung der
St. Galler Appreteurs «den Beginn einer neuen Aera im social-
politischen Leben der Schweiz. »
Die Arbeitseinstellung nahm am 13. Juni 1871 ihren An-
fang in dem Appretur-Etablissement von Nicol. Messmer und
fand gleichzeitig in verschiedenen Handwerken, namentlich bei
fast allen Schreinermeistern statt. Die Zahl der beim Strike
selbst betheiligten Arbeiter wurde von den St. Galler Blättern
auf circa 300 angegeben.
Wir geben zunächst eine Darstellung des Anfangs und Ver-
laufs des Strike, nach den in den öffentlichen Blättern enthaltenen
Beschlüssen und Erklärungen der verschiedenen Parteien, um an
diese Schilderungen dann die eigenen Angaben der betheiligten
Arbeiter und Arbeitgeber anzuknüpfen.
Ueber den Anfang berichtete die Neue Zürcher Ztg. in einer
Korrespondenz aus St. Gallen, 13. Juni, Folgendes:
St. Gallen, 18. Juni. Sonntags den 11. dies hielt der hiesige all-
gemeine Arbeiterverein eine sehr zahlreich besuchte Versammlung, in der,
nach dem «Tagblatt der Stadt», die Besprechung der Lage der Appretur-
arbeiter als der gedrücktesten Arbeiterklasse den Hauptgegenstand der
Verhandlungen gebildet haben soll. Wir folgen dem gleichen Blatte, wenn
wir beifügen, dass eine Commission aufgestellt wurde mit dem Auftrage,
sofort mit den Fabrikbesitzern über Lohnerhöhung und Arbeitszeitreduction
zu unterhandeln und für den Fall eines nicht befriedigenden Erfolges die