Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (2. Band)

— 330 — 
einstellung beschränkte sich auf 2—3 Tage. Laut Fabrikreglement 
ist 14tägige Kündigung angenommen, die nicht eingehalten wurde. 
Störungen der öffentlichen Ordnung sind dabei nicht vorgekommen. 
Die Arbeiter forderten Lohnerhöhung und Verminderung der Arbeits- 
zeit. Die Fabrikinhaber traten auf die gestellten Forderungen 
nicht ein, worauf die Mehrheit schon am zweiten Tage und nach- 
her die übrigen Arbeiter die Arbeit wieder aufnahmen. Zwei 
fremde Arbeiter, welche die Einstellung angestiftet hatten, wurden 
entlassen, vier andere kündigten und alle andern Arbeiter setzten 
ihre Arbeit fort, ohne die geforderte Lohnerhöhung zu erreichen. 
Ueber diesen Strike haben sich zwei Zeitungsartikel aus ent- 
gegengesetzten Lagern in folgender Weise ausgesprochen. Der 
Leipziger « Volksstaat » brachte die erste Notiz, welche lautete: 
« In Folge der ungemeinen Preissteigerung der Lebensbedürfnisse haben 
die Bukskinweber von Fleckenstein-Schulthess eine Lohnerhöhung von 14%, 
sowie statt der bisherigen fünf- bis siebenwöchentlichen Kündigungsfrist eine 
solche von 14 Tagen gefordert. Obgleich in hiesigen Seidenfabriken der 
Lohn freiwillig erhöht und die Arbeitszeit vermindert worden ist, so wurde 
doch die Forderung mit grosser Entrüstung zurückgewiesen und dem Comite- 
mitglied Seidel sofort gekündigt. Hierauf kündigten die übrigen 10 Weber 
dem Fabrikanten, jedoch werden nur 6 auf ihrer Kündigung beharren. Die 
süddeutschen Bukskinweber, namentlich die Reutlinger, werden daher ersucht, 
den glänzenden Vorspiegelungen, unter denen.man sie höchst wahrscheinlich 
hieher zu locken suchen wird, nicht zu glauben und nicht hieher zu kommen. 
Das Logis und Kostgeld beträgt 17—18 Fr. (4 Thlr. 24 Sgr.), der Lohn 
aber 26—27 Fr. in 14 Tagen. Kost und Logis zusammen ist ausserdem 
noch kaum zu bekommen. Für ein Paar Stiefelsohlen zahlt man 4*/, Fr. 
(1 Thlr. 6 Gr.) und für ein Paar neue Stiefeln 20 Fr. (5 Thlr. 10 Gr.) u. 8. w. 
Dagegen veröffentlichte die N. Zürch. Ztg. folgende Berich- 
tigungen: 
« Die Behauptung, womit der Strike gerechtfertigt werden wollte, dass 
die Arbeiter in Feldbach in 14 Tagen nur Fr. 26—27 verdienen können, 
erweist sich nach den von uns eingezogenen Erkundigungen als unwahr — 
eine neue Mahnung, den Schilderungen der Lage der Arbeiter, wie sie von 
social-demokratischer und internationaler Seite verbreitet zu werden pflegen, 
nicht blinden Glauben zu schenken. In Wirklichkeit verdienen nämlich zu 
Feldbach fleissige Arbeiter und geübte Weber täglich Fr. 3'/, bis 4; am 
11. November z. B., dem Tage der Arbeitseinstellung selbst, bezogen sechs 
an dem Strike theilnehmende Weber folgende Löhne für 14tägige Arbeit:
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.