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im industriellen Organismus eine hochwichtige Stellung ein. Unter-
suchen wir nun, was in dieser Hinsicht in der Schweiz geschehen
ist, so tritt uns hier wie in andern Ländern auf vielen Erwerbs-
gebieten noch ein unsicheres Experimentiren und ein unerquick-
licher. Uebergangszustand entgegen. Die alten Ordnungen des
strengen Zunftwesens sind untergegangen und die starre Glie-
derung zwischen Meister, Gesellen und Lehrlingen existirt nicht
mehr; aber der rechte Ersatz dafür und eine neue Ordnung
in der neuen Freiheit ist noch nicht gefunden. Am meisten
leidet die Handwerksindustrie unter dem Mangel an festen
Vertragsverhältnissen und unter dem Bruche bestehender Con-
tracte. Daher grassiren auch die Arbeitseinstellungen im eigent-
lichen Handwerk jetzt am meisten, während die Fabriken davon
im Allgemeinen mehr verschont sind. Der Grossbetrieb und
die Fabrikindustrie haben sich auch in der Schweiz weit eher und
und vollständiger zu gewissen Fabrikordnungen hindurch-
gearbeitet, an denen streng festgehalten werden muss, weil sie
eine Lebensfrage für das grössere Etablissement sind. Referent
will wenigstens die wichtigsten auf die Vertragsverhältnisse
bezüglichen Einrichtungen und einige neue schweizerische Reform-
versuche auf diesem Gebiete hier mittheilen.
Fabrikordnungen und Decompte.
Fast jede Fabrik oder grössere Werkstatt der Schweiz hat
ihre bestimmte Fabrik- oder Werkstatt-Ordnung, die nach vielen
kantonalen Gesetzen der Regierung zur Genehmigung vorgelegt
und in den Werkstätten angeschlagen werden muss, Diese
Fabrikordnungen enthalten Bestimmungen über Arbeitszeit, über
Anfang, Unterbrechungen und Ende der Arbeit, über Kündigungs-
fristen, Lohnzahlung, Zahltag, über D6compte, über Blaumachen,
über Bussen wegen Uebertretungen des Reglements etc. Kine
Einrichtung, welche sich fast in allen Kantonen vorfindet und
dem Contractbruch der Fabrikarbeiter sehr wirksam vorzubeu-
gen pflegt, ist der sog. Decompte, die Geldhinterlage, gebildet
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