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über seine Erfahrungen auf dem Gebiete der Lohnzahlung in zwei
Briefen aus den Jahren 1868 und 1873 ausgesprochen, die wir, ich in
ohne uns eine Kritik anzumassen, als das gereifte Urtheil eines van
Mannes von erprobter Geschäfts- und Lebenserfahrung, einfach wisse]
zum Abdruck bringen: gem N
kasse
Erster Brief aus dem Jahre 1868. wie
Jeder
«Da wir (im Kanton Appenzell) keine grossen Fabriken besitzen, Son- lage
dern die Hausindustrie pflegen, welche ohnehin noch sehr zersplittert ist, Was 1
so wäre eine Betheiligung der Arbeiter am Benefice sehr schwierig. Wir Krsa
haben in unserer Industrie drei Arbeitsvermittelungen: 1. den Weber, mang
2, den Fabrikanten, 3. den Kaufmann. Schon seit Jahren hat mich die Frage zahle
beschäftigt: Wie kann dem Weber ein reichlicheres Brod verschafft werden ?» den
Ich machte mit einem tüchtigen arbeitsamen Weber das Experiment, dass sch 1
ich als Kaufmann ihn direct beschäftigen und ihm unter Abzug von einer und:
Provision von 5% das Totalbenefice zufliessen lassen wollte, d.h. ich wollte nung
Fabrikant und Kaufmann so umgehen und bloss Commissionär des Webers vor (
sein, hoffend dass, wenn ich nur 40—50 Weber so beschäftigen und zum Wohl- Ein
stand bringen könnte, dies allein eine Lebensaufgabe werth wäre. Ich be- mit
zahlte bereits dem Weber 4 Franken pro Woche mehr Lohn als er sonst geste
vom Fabrikanten erhalten hätte und schickte seine Waare direct nach Cal- schö:
cutta. Anstatt Nutzen ergab sich aber in Folge misslicher Conjuneturen gera
ein Schaden von ca. 10°, den ich unter gegebenen Verhältnissen selbst- mac}
verständlich tragen musste. Wie hätte ich bei einem grössern Betriebe
auf ähnlichem Fusse zeitweilige grosse Verluste vermeiden können? Ent- ihre
weder musste ich meine Provision erhöhen, um den Risico zu decken oder abtr
ich musste auf den Weber zurückkommen und mir für meine gute Absicht mein
Vorwürfe und Misstrauen gefallen lassen. Ich gab daher meine Idee wieder zahle
auf. — — Weiter habe ich auch schon. versucht, Fabrikanten regelmässig
gegen eine bestimmte an sie bezahlte Provision zu beschäftigen, wogegen
ich allen Risico übernahm, allein ich konnte. auch damit nicht reüssiren.
Der Fabrikant war herzlich froh und guter Dinge, ich aber hatte alle Sor-
gen der Beschäftigung und blieb halbe Nächte schlaflos, theils aus Besorg- aus
niss, wie ich die Leute beschäftigt halten solle, theils wegen grosser Lager, als
deren Absatz ich nicht bewältigen konnte.
Unter meinen Angestellten habe ich schon seit längerer Zeit das Tan- Arb
tieme-System eingeführt. Ich bezahle heute an 6 meiner Commis eine ;
Tantiöme von 500—3000 Franken und fahre gut dabei; ich thue es nicht
aus Berechnung, sondern aus christlichem Princip, damit Diejenigen, welche
Jahr aus Jahr ein mit mir arbeiten, auch ausser dem Salair einen Antheil
an der Prosperität des Hauses und den Früchten ihrer Mitarbeit haben.
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