nämlich die enge Stelle zwischen dem Knie des Dons
und der westlichsten Ausbuchtung des unteren Wolga-
Jaufes. Die beiden Ströme nähern sich hier auf
nur 80 km, und die Wasserscheide ist recht nied-
tig. So hat dieser sogenannte Isthmus von Zarizyn
sowohl im Altertum — der Sage nach schon in der
Argonautenzeit — wie ganz besonders im Mittelalter
eine außerordentlich hohe Bedeutung für das Ver-
kehrsleben Osteuropas gehabt.
Von welch überragender Bedeutung jene Schiffs-
schleppwege zwischen zwei Wassersystemen waren, er-
hellt am klarsten die eigenartige Tatsache, daß in der
antiken wie in der mittelalterlichen Geographie solche
Schleppwege sehr oft irrig als Flußmündungen aus-
gegeben wurden. So sagten die Alten lange Zeit der
Donau eine zweite Mündung in die Adria, dem Oxus
eine Mündung ins Kaspische Meer nach; die arabischen
Geographen des Mittelalters sprachen auch wieder-
holt von einer Mündung der Wolga ins Schwarze
Meer usw.
Eine Stelle in Europa besaß im früheren Mittelalter,
etwa bis 1200 n. Chr., wohl die größte Bedeutung für
den Handelsverkehr mit Hilfe eines Schleppweges. Dies
war die kurze Verbindung über Land zwischen den
kleinen Flüssen Eider bzw. Treene und der von der
Ostsee tief ins Land einschneidenden Schlei-Bucht.
Jahrhunderte hindurch war dies der Verkehrsweg zwi-
schen Nord- und Ostsee schlechthin. Auf ihn ist die
ausnehmend hohe Bedeutung der beiden Nachbarstädte
Haithabu und Schleswig für den frühmittelalterlichen
Handelsverkehr zurückzuführen. Um seine Wichtig-
keit recht zu ermessen, muß man wissen, daß der
natürliche Wasserweg zwischen Nord- und Ostsee um
das Kap Skagen vor dem Jahre 1200 nur allenfalls
vom Norwegenverkehr benutzt wurde, nicht aber von
Schiffen, die aus südlicheren Ländern, von Flandern,
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