Full text: Wege des Verkehrs

die weitaus wichtigste. Ihren Verlauf kennen wir recht 
gut durch die Mitteilungen des Plinius und Ptolemäus, 
außerdem durch wichtige neue Bodenfunde, die den 
Beweis erbringen, daß hier bereits eine ganz modern 
anmutende Verkehrsorganisation und ein wirklicher 
Großhandel auf kapitalistischer Grundlage bestanden 
haben muß. 
Ungefähr bewegte sich der Samland-Bernstein über 
das Kurische Haff zum Drausensee, ging von hier auf 
die Weichsel über, deren Hauptmündung sich damals 
durch die Nogat ins Haff ergoß, folgte der Weichsel 
stromaufwärts etwa bis zum Bromberger Flußknie, 
ging dann von hierf zur Warthe und Prosna hinüber, 
berührte Kalisch (das bei Ptolemäus bereits Calisia 
heißt) und wandte sich schließlich der Breslauer Gegend 
zu. Von hier gelangte der Bernstein auf der Oder zur 
Mährischen Pforte und zur March, kreuzte bei Carnun- 
tum unterhalb Wien die Donau und verlief etwa im 
Zuge der heutigen Semmeringbahn durch Steiermark 
und Kärnten in der Richtung auf die Adria, an der 
Aquileja den Aufnahmehafen am Mittelmeer bildete. 
Bis zum Niedergang der römischen Macht, der etwa 
nach 200 n. Chr. begann, scheint diese jüngste der anti- 
ken Bernsteinstraßen ihre Bedeutung behauptet zu 
haben. 
Von der außerordentlichen Bedeutung dieser Han- 
delsstraße, zumal in den ersten zwei Jahrhunderten 
n. Chr., hat in jüngster Zeit ein eigenartiger Boden- 
fund ein gewichtiges Zeugnis gegeben. In Hartlieb bei 
Breslau wurden zuerst 1906, dann in noch viel größe- 
tem Ausmaß 1936 Bernstein-»Speicher« aufgefunden, 
die offenbar von den Händlern des genannten Bern- 
steinhandels geschaffen worden waren. Insgesamt drei 
derartige Speicher enthielten zusammen die phanta- 
stisch große Menge von 1325 kg Bernstein. Nirgends 
sonst sind solche Mengen je beisammen gefunden wor- 
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