8. Hochwertige Verkehrsadern
Jede Wandlung im Verlauf wichtiger Verkehrsstra-
ßen führt leicht zu fühlbaren Erschütterungen bestehen-
der wirtschaftlicher Verhältnisse, durch die ganze
Städte, ja ganze Länder in Mitleidenschaft gezogen wer-
i den können. Als z.B. 1498 der Seeweg nach Indien
- gefunden wurde, sank die damals führende Königin des
europäischen Handels, Venedig, die vorher aus der Ver-
; mittlung orientalischer Handelswaren reichsten Ge-
winn gezogen hatte, in verhältnismäßig kurzer Zeit zu
einer nur noch bescheidenen Bedeutung herab. Sie ge-
1 riet durch die Verschiebung der Handelswege sozu-
sagen in das Altwasser des Verkehrs und hat sich bis
E auf den heutigen Tag von dem damals erlittenen Schlag
- nie ganz erholt. Ähnliches bedeutete die Eröffnung der
3 Sibirischen Bahn für die Stadt Kjachta, die vorher als
3 Vermittler des Teehandels (vgl. S. 34) zu ansehnlicher
Wohlhabenheit gelangt war. Auch ein uns näher liegen-
a des Beispiel kann genannt werden. Die Stadt Hoyer-
schleuse an der jütischen Westküste zog vor dem Welt-
krieg aus der Vermittlung des Verkehrs nach der Insel
Sylt und ihren Seebädern reichen Gewinn. Die erzwun-
gene Abtretung von Hoyerschleuse an Dänemark be-
wirkte alsbald, daß das Deutsche Reich sich einen
neuen Verbindungsweg zur Insel suchte: der Hinden-
burgdamm wurde zwischen Klanxbüll und Sylt gebaut,
auf dem die deutschen Schnellzüge unmittelbar bis
Westerland fahren können. Seit seiner Betriebsüber-
) gabe 1927 ist Hoyerschleuses ehemalige Hauptein-
nahmequelle völlig versiegt.
; Frühzeitig waren manche Völker schon bestrebt, die
Möglichkeit solcher wirtschaftlichen Erdbeben weit-
gehend für das eigene Land auszuschalten, indem sie
möglichst hochwertige Verkehrswege schufen, die an
Leistungsfähigkeit, Güte und Bequemlichkeit jeden
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