Full text: Handbuch der technischen Materialwaarenkunde, oder Anleitung zur Kenntniß der Rohstoffe, welche in den Gewerben, Manufakturen und Fabriken verarbeitet und verwendet werden

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SH und Noht- 115 
Findefung mit Stroh. Eine zweite Hauptvermendung ift die zum Stußaturen 
er Wände und Decken in gemauerten und Hökzernen Wohnungen, um den Mor- 
el beffer zu befeftigen und Haltbarer zu machen. Das Rohr dient ferner zu Silh= 
seußen, Weberfpulen, zur Verzäunung der Gärten, Höfe und Wiefen, zum 
Anbinden der AÜbleger am Weinftoce, zum Flechten. verfehtedener SGeräthfchaften , 
vie aber fehr gebrechlich find, in der Lombardie zu den hei der Seidenwürmers- 
‚ucht nöthigen Gittern oder Rohrflechten (Pezzoni), zum Fajffen ordinärer Blei- 
tifte, zu Pfeifen, wie Federn gefchnitten felbft zum Schreiben und Zeichnen. Sur 
inige Arbeiten, die geflochten werden follen, wird e8 bald nach dem Schneiden 
in Waffer gelegt, damit e8 mehr Biegfamfkeit und Zähigkeit erlange. Wuttig 
nahın Dochtröhren von Schilf zu feinen Sauglichtern. In folhen Gegenden, wo 
a8 Schilfrohr häufig wächft, wird e8 auch als Brenn- und Heizmaterial ver- 
mendet, befonders in Back, Ziegel= und Kalksfen. Im Spätherbfte, wenn {hHon 
9a8 Laub abzufallen anfängt, wird dasfelbe mit dem Rohrmeffer an der Erde ab= 
gefchnitten, mit Schilf in Bunde gebunden und fo verführt. Manche Comitate 
Ungarn8 freiben damit einen nicht ganz unbedeutenden Verkehr. Auch die Blü- 
thenbüfchel werden ftatt der Befen zum Abftauben und Auskehren der Wohnun® 
zen und Einrichtungsftüce benußt. 
2, Zahmes Rohr (Arundo donax L., ital. Canna vera, Canna Car- 
gyana, Canna Sorgana oder piumata, aud) Canna comune), welches in alfen 
venezianifhen Provinzen, am Po, in vielen Gegenden Italiens, Frankreichs, 
Spanien8, Portugals, und überhaupt im wärmern Europa wild wächft und 
nandhmal, aber unrichtig, {panifhes Rohr genannt wird. Die dauernde 
Wurzel treibt einen harten, Hokzigen, 6 bis 18 Fuß Hohen, hohlen, durch 
Knoten mit Scheidewänden abgetheilten Halnı oder Stängel, der jeden Herbft bis 
auf die Wurzel abjtirkt. Im Bezirke Pirano auf Iftrien wird diefes Rohr ordent- 
ih gebaut oder gezogen und wirft einen reichlihen Ertrag ab; e8 wird fehr dicht 
gepflanzt und im Januar gefhnitten. Vermendet wird dasfelbe zu Angelruthen, 
Spinnroden, Pfeifen, zu Horden, worauf Früchte getrocknet werden, zu Stö= 
fen für die Färber, um das gefärbte Garn oder die Seide zur Austrocnung aufs 
‚uhängen, zum YAusfpreiten der Filchhäute, zu Weinpfählen, ftarken Gittern 
und Einzäunungen, Feinen Futteralen, Schalmeien und andern Mufikinfirumen- 
ten, wie zu Mundftücen an Blafe-Inftrumenten 20.3 gefpalten dient diefes Rohr 
u der Lombarbie zum Flechten einer Art Matten, zum Eindeken der Dächer, zur 
BVerfertigung Leichter Gemächer für Seidenmurmer 10. Wenn e8 alt geworden ft, 
wird e8 noch auf den Schiffswerften heim Kalfatern der Schlffe verbrannt. Che= 
mals verfertigte man daraus auch Hand- oder Spazierfiücke, bie Leicht und ge 
Srechlich waren; ihre Naturfarbe war gelb, doch wurden fie oft auch Fünftlich 
gebeizt und geflammt. Um fie gerade zu machen, wurden fie frifch auf Breter ge= 
ichnürt und getrocknet. 
3. Mavenna-Zuckerrohr (Saccharum Ravennae , ital. Cannoni oder 
Canna piena), eine Art Zuderrohr, welches im füdlichen Theile des Veneziani- 
iden und in andern heilen Italiens, befonders am Ufer des Meeres und an 
Slüffen in Sande, namentligH am Po wächft. E$ dient zum Dachvdecken, zu Spas 
jierftöcfen, als Brennmaterial ıc. Bor Zeiten verfertigte man daraus Bfeile und 
andere Waffen, 
4. Schmalblätterige Liefchkolbe, auch Waller, Nohr-, See= oder 
Veichkolbe, Kolbenrohr und Narrenkolbe genannt (Typha angustifolia L., ung. 
Häti Gyekeny) und 
5, Breitblätterige Liefchkolbe (Typha latifolia L., ital, Sala palu- 
stre , in8gemein Pavera oder Falasco , ung. Bodnärdzd Gyekeny),-Dbie beide 
in fumpfigen und wafferreichen Gegendex jehr Häufig wachfen, 3. B. im Venezianis
	        
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