Full text: Handbuch der technischen Materialwaarenkunde, oder Anleitung zur Kenntniß der Rohstoffe, welche in den Gewerben, Manufakturen und Fabriken verarbeitet und verwendet werden

118 Vegetabilifhe Nohftoffe. IV. Cap. 
10. Segge oder Miedgras (Carex), ein in vielen Gattungen auf feuchten 
oder fumpfigen Wiefen, Moorgründen, auf Alpen, grafigen Hügeln, auch auf fanz 
digen Boden 10. wachfendes Gras, Inshefondere kommt die Sand fegge 
(Carex arenaria L.) und die Strandfegge (C. riparia, ital. Carice, im 
Venezianifhen insgemein Paglia di conzaghareghe) fehr Häufig in allen 
venezianifchen Provinzen und in mehren Iheilen der Lombardie vor, wo man die 
Halme zum Ausflechten der Sige an ordinären Stühlen und Seffeln verwendet, 
Auch in Slavonien, wo die Strandfegge in Sümpfen und an großen Flüffen 
and Bächen in bedeutender Menge wächlt, benußt man diefelbe wie die Seebinfe 
zum Ausflechten der ordinären oder Strohfeffel und Canapee8, wozu fie beffer 
kaugt al8 das Stroh. Sie wird, wie die Binfe, bloß grün um die Zeit des 
Bedarfes gefchnitten, dann anfänglich an der Sonne, fpäter im Schatten getrod- 
net und vor der Anwendung feucht gemacht. Im Borfchoder und andern Comitaten 
Ungarns trifft man Häufig die Fuchsfegge (Carex vulpina, ung. Tsätet kötör). 
Des Spartografe8 mird bei den Surrogaten des Flachfes und Hanfes 
Srwähnung gefchehen. 
B. Ausländifhe, 
11. CSpanifches Nohr vder Motting (engl. Rattan), die Strünke, 
Zweige, YAefte und Ranken des in Oftindieng Moräften Häufig madhfenden Stein: 
Rotangs (Calamus Rotang L.), der in machen Hinfichten mehr den Sträuchern 
al8 dem Mohre angehört, aber auch viele Eigen{Haften mit den Balmen und 
eTbft mit den Lianen gemein hat, Die Strünke find außen braun, gelbhraun oder 
gelblich, etma8 glänzend, wie fchmwacdh Tacfirt, in verfchiedenen ANbfägen wie das 
einheimifhe Rohr gegliedert, voll, elaftifh und fehr biegfam. Männlihes 
Rohr nennt man das Ddunkelfarbige, welches am beften it, weibliche s aber 
a8 Helffarbige, welches weniger gefucht wird. Die diferen Stücke geben fehr 
dauerhafte Hand= oder Spazierftöcke. Man [Hält fie ab und benimmt ihnen den 
Hebrigen Saft durch Abfheuern mit Waffer und Sand; um fie Härter zu machen, 
Jängt man fie in Indien mit einem Gewichte befhwert in Rauch auf. Völlig reife 
Stöcke Haben einen fhonen natürlidhen Glanz; den matten wird durch einen 
glänzenden La nachgeholfen. Aus dünneren Ranken werden Matten, Schiffs 
‚eile u. dgl. gemacht, und die fehr biegfamen Ranken, die fih an Bäumen Hinauf- 
IOlingen, liefern das Schhnurrotting, Bind-, Bund, Stuhl oder 
Seffelrotting, welches zu den Stangen der Regenfchirme und zu elaftifchen 
Nuthen, gefpalten zum Einflechten der Seffelfige oder Canapee8, zum Flechten 
von Körbchen oder auch zu Hüten verwendet werden. Sind die Schüffe oder Kno- 
jen weggefchabt, fo Heißt das Nohr im Handel Canne rapce. Das meifte Rotting 
fommt au8 Sumatra, Arafan und Ceylon ; das Gefte liefert Patna, das fhlechtefte 
Borneo; Malay- Rotting ift eine Mittelforte.. Man erhält dasfelbe in Bufchen 
oder Ballen zu 4 bi8 500 Pfund, oder auch in Bunden von 25 oder 50 Pfund; 
die fehönften Handjtöcke werden nach dem Hundert oder Dugend verhandelt. 
12. Spanifches Mohr zur weitern Verarbeitung vorgerichtet, nämlich 
gefchnitten und gefpalten, wie e8 der Seffelflechter braucht, wornadh e8 Stuhl 
oder Flechtrohr genannt wird. Die oft 6 bis 10 Ellen Langen und Höchftens einen 
halben Zoll difen Ruthen oder Ranken werden von dem Arbeiter zuerft mit einem 
Meffer an den Abfägen der Glieder geebnet, dann nach Erfordernif der Arbeit 
der nach der Dife des Rohres in 8, 10, 12 oder mehre Streifen oder Fäden 
gefpalten und diefe zuleßt mit dem Rohrhobel dünner und mit dem Schmaler 
“Omüler gemacht. So tft das Material zum Einflechten der Seffel oder zur Berfertis
	        
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