Full text: Bis zur französischen Revolution (1. Abteilung, 3. Band, 1. Teil)

13 Erster Teil. Viertes Buch. 
unterhielten dort eine Anzahl Kranker und Elender mit allem zum Leben 
Nötigen, sorgten auch für gehörige Wartung und Pflege. Aufserdem aber 
teilten sie täglich an alle diejenigen, die sich an den Klosterpforten ein- 
fanden, Almosen aus. Kein Wanderer zog vorüber, ohne für eine Nacht 
Unterkunft, Speise, Trank und Geldunterstützung erhalten zu haben, und 
man fragte nicht danach, von wannen der oder die Betreffende käme oder 
wohin sie ginge.“ Und ähnlich handelten manche geistliche und weltliche 
Grofse. „Der Bischof West — berichtet Stowz (ein Schriftsteller des 
16. Jahrhunderts) — spendete täglich an seinen Thoren aufser Brot und 
Getränk auch warme Kost an zweihundert arme Leute. Ja zur Zeit, da 
bereits das Liebeswerk nachliefs, habe ich selbst noch gesehen, wie zu 
London an den Thoren des Lord Cromwell mehr als zweihundert Per- 
sonen zweimal täglich mit Brot, Fleisch und ausreichendem Getränk be- 
dacht wurden; denn gleich Allen, die ihm vorangegangen, geistlichen 
Würdenträgern, Edelleuten und Männern von Ehre und Ansehen, hielt 
Cromwell die alte sehöne Sitte des Wohlthuns in Ehren“ (vergl. ASHLEY’S 
Wirtschaftsgeschichte; deutsch von Oppenheim). 
Durch die geschilderte landwirtschaftliche Umwälzung wuchs nun 
die Zahl der Bettler, die ohnehin sehon wegen der mangelnden Kautelen 
gegen Mifsbrauch sehr grofs war, ums Jahr 1500 ganz enorm. So heifst 
es in der Einleitung zu einem der agrarischen Gesetze des 16. Jahr- 
hunderts: „Infolge des Zusammenlegens von Gütern und der Umwand- 
lung des Ackerlandes in Weidegrund ist eine erstaunlich grofse Zahl von 
Bewohnern dieses Königreichs so in Armut und Elend gestürzt worden, 
dafs sie sich täglich dem Diebstahl, der Räuberei und anderer Ungebühr 
hingeben oder aber vor Hunger und Kälte Jämmerlich hinsterben“. Natür- 
lich mufsten diese Bettlerhorden für die besser situierte bürgerliche Be- 
völkerung bald zu einer furchtbaren Plage werden, wie drastische Schil- 
derungen, die uns aus jener Zeit erhalten sind, beweisen. „Wenn sie — 
heilst es in einer solchen — bei einem wohlthätigen Bauersmanne um 
Almosen bitten, so kommen sie gleich drei oder vier Mann hoch, so dafs 
man ihnen oft mehr aus Furcht als aus freien Stücken Unterstützung 
gewährt.“ Und aus dieser Zeit stammen auch die Verse (die in der Über- 
setzung Robert Oppenheims lauten): 
„Horch, horch, wie zur Stunde 
Bellen die Hunde; 
Die Bettler kommen zur Stadt 
Der Eine gab braun Brot, 
Der Andre weifs, 
Ein Dritter mit Hieben 
Jagt ’raus das Geschmeifs.“ 
Selbstverständlich sah sich die Gesetzgebung veranlafst, hier einzu- 
schreiten. Aber natürlich konnte sie bei der mangelnden volkswirtschaft- 
Al
	        
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