Die Begriffe Sozialismus und Kommunismus.
umfassenderen Lebensprinzips dar. Wenn man sagt: diese ökonomische
Institution soll nicht sein, und jene, zunächst blofs gedachte, soll ins
Leben gerufen werden, — so gehört zur zureichenden Begründung, dafs
angenommen wird: es solle ein bestimmtes moralisches Axiom auf Erden
verwirklicht werden, oder gewisse religiöse Ansichten machten jene
Konsequenz für den Gläubigen notwendig, oder endlich es ergebe sich
die gewünschte Institution ganz von selbst durch den Zwang der histo-
rischen Entwicklung. In diesem Sinne bemerkt HEINRICH DIETZEL treffend:
„Das sozialwissenschaftliche Denken, sofern es auf das soziale Sein-
sollen sich richtet, drängt zu einer Grundnorm, aus welcher alle Einzel-
urteile über die Bestände und Bewegungen des sozialen Lebens ihre
innere Einheit und endgültige Begründung finden. Der menschliche Geist
ruht nicht eher, als bis er zu einem letzten, obersten, nicht mehr ableit-
baren Prinzip des Seinsollens sich durchgerungen hat; wie er für die
Fülle der Naturphänomene zu einer Grundursache beziehentlich einem
Endzweck strebt, zur causa causans und zur causa finalis, aus deren Ge-
winnung er ein harmonisches Bild des Seins und Werdens aller Natur-
stoffe und Naturkräfte sich gestalten möge, — so auch für die Fülle
der sozialen Phänomene, für das Gebiet menschlichen Handelns, welches
die Beziehungen zwischen Mensch und Mensch gestaltet“. Und deshalb
wird sich unsere Darstellung nicht damit begnügen dürfen, volkswirt-
schaftliche Ansichten zu skizzieren, sondern sie wird auf deren ethisches,
religiöses oder geschichtswissenschaftliches Fundament, soweit es die
sozialen Postulate beeinflufst, eingehen müssen.
Schliefslich sind jedoch auch solche Grundanschauungen nur sub-
jektiv, nämlich für den Menschen, der sie hat, ein Letztes, — nicht
aber objektiv, indem der Mensch sich „seine Ideen in einer bestimmten
Zeit und inmitten einer bestimmten Nation und Gesellschaft gebildet hat,
deren religiöse Dogmen, philosophische, soziale und politische Traditionen
und thatsächliche ökonomische und öffentlich-rechtliche Zustände von
höchster Bedeutung für jene Ideen gewesen sind. Demnach mufs auch
die Umwelt insoweit in den. Bereich der Betrachtung gezogen werden,
als es dadurch gelingt, Aufklärung über die ursprünglichen Quellen eines
sozialen. Ideals zu erhalten.
Um aber die Ableitung dieses Ideals aus einem Konnex von That-
sachen und Geistesströmungen recht begreifen zu können, müssen wir zuvor
klar erkannt haben, wie sich jener merkwürdige Vorgang abspielt, der
im menschlichen Geiste vom Bilde einer gegebenen Sachlage zur Konzeption
eines Ideals hinüberführt: und hier wird sich die grofse Rolle der Illusion
für die Genesis sozlalistischer Ideen ergeben.
. Der Mensch, der sich in unbefriedigenden Zuständen befindet, be-
darf, um sich innerlich aufrecht zu erhalten, der Hoffnung, dafs; es ein-
mal anders und besser werden könne. Dieses psychologische Prinzip,