Full text: Bis zur französischen Revolution (1. Abteilung, 3. Band, 1. Teil)

20 Erster Teil. Erstes Buch. 
licher Entrüstung dagegen wendet. Hier ist die aristophanische Komödie 
besonders lehrreich; vor allem die (etwa aus dem Jahre 392 stammenden) 
„Ekklesiazusen“ (d.h. die Frauenvolksversammlung), worin die Aus- 
artungen der Ekklesie durch leibhaftige Vorführung eines auf ihren Be- 
schlufs ins Leben getretenen kommunistischen Schlaraffenideals gegeifselt 
werden, so dafs also der Dichter einmal dem souveränen Volke seinen 
brutalen Egoismus und andere niedere Triebe vorhält und mit denselben 
Hieben zugleich den kommunistischen Gedanken, die damalige modernste 
der „modernen Ideen“ — die anscheinend in (uns nicht erhaltenen) -Schil- 
derungen idealisierter ferner Barbarenvölker propagiert worden.ist —, in 
seither unübertroffener Weise verspottet. 
Die Bürger in der gesetzgebenden Volksversammlung werden hier 
also apostrophiert: 
„Des Staates Gelder braucht ihr auf zu Sold und Lohn, 
Stets sorgend, was der eignen Kasse Vorteil bringt, 
Indes der Staat gleich Aisimos so weiterhinkt.“ 
Und weiter heilst es: 
„Ihre Beschlüsse, 
Soviele sie deren machen, sind, genau besehn, 
Wie von ganz Betrunknen, lauter irr’ und wirres Zeug! .. 
Ich kenne das; so schnell sie mit dem Beschliefsen sind, 
So schnell zurück geht wieder, was beschlossen ist!“ 
Und noch schlimmer kommen die Führer der Ekklesie fort: 
„Als Führer nämlich hat sie, seh’ ich, immerdar 
Nichtsnutz’ge Leute; ja, war Einer Einen Tag 
Achtbar, so ist er zwanzig Schurke zwanzigfach; 
Man ruft ’nen Andern, ärger treibt der’s hundertfach ! 
So mifsgewöhntem Volk zu lenken seinen Sinn 
Ist freilich schwer; wer wohl euch will, ihr fürchtet ihn; 
Wer’s übel meint, dem gebt ihr euch demütigst hin.“ 
Ganz aber enthüllt sich die lächerliche Habgier, Faulheit und Gemein 
heit der regierenden Plebs erst im Verlaufe des Stückes, dessen Tendenz 
offenbar ist, die wahre Natur des attischen Demos aufzu- 
zeigen und seine geheimsten Wünsche ans Tageslicht zu 
ziehen. Das geschieht so. 
Die Frauen kommen eines Tages auf die Idee, das Staatsruder zu 
ergreifen; zu diesem Zwecke verkleiden sie sich als Männer und setzen 
wirklich in der Ekklesie, wo sie zuerst zur Stelle sind, den Beschlufs 
durch, dafs künftig den Frauen das absolute Regiment zu übergeben sei, 
„einzig und allein dem Staat zum Heil“, wie es, der Tradition gemäls, 
formuliert wird: „es schien, dafs dies allein noch nicht in Athen ver- 
sucht sei“, fügt ein Teilnehmer mit beifsendem Spott hinzu. Die Frauen 
beginnen gleich damıt, volle Gemeinschaft der Konsumtion, der Produktion 
und der Weiber einzuführen. Der Beschlufs wird von der neuen Ar- 
chontin, Praxagora, also motiviert: 
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