2. Kapitel. Sozialistische Ideen in Athen, bes. Platos aristokrat. Kommunismus. 25
vom „Staate der Athener“ es als ganz selbstverständlich an, dafs unter
der Demokratie eben der Demos für sich selbst sorge, — wie umgekehrt
die oberen Stände nur zu ihrem eigenen Nutzen regieren würden. Es
waren eben die echt antiken und also offenherzigen Gegensätze zwischen
den Vornehmen und den Massen, die beide die Regierungsgewalt aus-
schliefslich im Sinne ihrer specifischen Interessen auszunutzen trach-
teten, so dafs Aristoteles sich keinen Augenblick besinnt, Oligarchie und
Demokratie entsprechend ihren unverhüllt zur Schau getragenen Ab-
sichten wie folgt zu definieren: „n 0’ ödıyapyia 008 TO (ovupE&oOoY TO)
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dE TO TO K0LVO ÄvoLTELOGVY OLdeuia avıMy“. So kam die Aristokratie,
die in ihren eigenen Forderungen genau so maifslos und extrem war, wie
die Demokratie nach der anderen Richtung hin, dazu, diese und ihre
Politik aufs härteste zu verurteilen, so dafs jede Verständigung aus-
geschlossen war. Die Aristokratie sah in der regierenden Demokratie
die habgierige und unerträgliche Tyrannis des Pöbels und charakterisierte
das Vaterland auf dem Höhepunkte seiner Macht, „die Meeresherrscherin
Athen als freche Dirne, die sich für fremdes Geld herausputze“ (PLUTARCH).
Und darum trugen geheime oligarchische Klubs keine Scheu, den schnöden
Wahlspruch anzunehmen: Ich will dem Volke feindlich gesinnt sein und
durch meinen Rat nach Kräften schaden.
Trotz ihrer grofsartigen Schöpfungen mufste aber die athenische Demo-
kratie in der That zu herber Kritik herausfordern: sie verjagte geniale Staats-
männer und Feldherren, richtete siegreiche Admiräle ungesetzlich hin, reichte
dem Weisesten der Zeit den Giftbecher, führte zum Regiment der schlauesten
Demagogen, erwies sich auf die Dauer als unfähig zur Grofsmachtpolitik,
verschuldete schliefslich den Zusammenbruch des Reiches und hätte um
ein Weniges sogar den Untergang der Stadt auf dem Gewissen gehabt.
So wandten sich die gebildeten Kreise Athens, die sonst vielleicht
ihren Frieden mit der demokratischen Ordnung gemacht hätten, immer
mehr von ihr ab und riefen immer lauter nach der „zc&10L06 zrodıirEla“,
der Verfassung der Ahnen, d.h. vor Solon und Kleisthenes, den Vätern
der Demokratie und damit des Übels. In diesem Rufe drückte sich die
Sehnsucht der durch Geburt, Besitz oder Bildung ausgezeichneten Elemente
nach der guten alten Zeit aus, wo die Geschlechter das Regiment ge-
führt. Und ganz in ihrem Sinne erklärt Aleibiades gelegentlich seiner
Einführung in Sparta (nach Thueydides): von der athenischen Demo-
kratie wisse er nichts Neues zu melden, da Alle darüber einig seien,
dafs sie ein Unsinn!
7 Athens goldne Jugend, die den Kern der oligarchischen Klubs bildete,
hat sich ja auch wirklich an allerhand Umtrieben gegen die demokra-
tische Verfassung beteiligt und zeitweilig — inmitten der Wirren des
Peloponnesischen Krieges — mit Erfolg manchen Sturm entfesselt. aber