: Erster. Teil. Erstes Buch.
Die wichtigsten Stände sind ihm die Krieger und die Regenten: für
sie werden daher die tüchtigsten Elemente des Bürgerstandes bestimmt.
Er knüpft dabei an das sokratische, gegen die athenischen Institutionen
gerichtete Prinzip an, dafs für die einzelnen Berufe eine specifische Sach-
verständigkeit, teils auf natürliche Begabung, teils auf besondere Vor-
bildung sich gründend, notwendig sei.
Was ist die Aufgabe der Krieger? Sie müssen, edlen Hunden
gleich, sanft gegen Bekannte und zugleich furchtbar den Feinden sein.
Darum müssen sie physische Stärke, scharfe Sinne, schneidige Tapfer-
keit, regen Diensteifer und schliefslich philosophische Begabung haben,
die sie lernbegierig macht und zwischen Freund und Feind unter-
scheiden lehrt.
Damit nun die zum Kriegerstande bestimmten Jünglinge ıhrer hohen
Aufgabe gerecht werden können, müssen sie einer besonderen Erziehung
unterworfen werden. Und so wird — äulserst charakteristisch! — der
erste Kommunist zugleich zum Reformator der Erziehung. Deren Zweck
ist, die Krieger so „gottesfürchtig und gottähnlich zu machen, als dies
dem Menschen nur irgend möglich ist“; und da die Eindrücke der frühen
Kindheit am tiefsten haften, so mufs das Kind schon im zartesten Alter
dem Training unterworfen werden. Bisher wurden ihm Märchen aus
Homer, Hesiod und den anderen Nationaldichtern erzählt. Damit aber
„nehmen die Seelen der Kinder Vorstellungen auf, die gröfstenteils jenen
entgegengesetzt sind, die sie später als reife Menschen unserer Meinung
nach haben sollen“. Denn jene Dichter erzählen von der Unvollkommen-
heit, den Kämpfen und Tücken der Götter, während Plato die Götter
gerade als vollkommen und allgütig und in steter Harmonie lebend dar-
gestellt wissen will, da die Kinder nur in diesem Falle zu den Göttern
in wahrer Ehrfurcht aufblicken, in deren Nacheiferung Gutes thun und
sich alles Haders enthalten werden.
Damit die Krieger keine Furcht vor dem Tode bekommen, müssen
alle Erzählungen von Unterwelt und Schattenreich entsprechend korrigiert
werden, so dafs der Tod für Niemanden etwas Schreckliches mehr hat.
Und daher müssen auch alle dichterischen Werke, die bereits erschienenen
wie die zukünftigen, diesem Staatszwecke entsprechend durch die staat-
liche Censur verbessert werden. Ferner sollen die jungen Leute an-
gehalten werden, die Wahrheit zu reden. Verstöfse dagegen werden bei
ihnen wie bei Erwachsenen streng bestraft, — nur den Regenten ist
eine pla fraus, wenn „zum Nutzen der Stadt“ vorgebracht, gestattet.
Weiter werden die Jünglinge gelehrt, sich selbst zu beherrschen, so dafs
„sie den Regierenden Gehorsam erweisen, selbst aber Herren ihrer Lust
an Speise, Trank und Liebessachen sind“. Ebenso müssen sie so erzogen
werden, dafs niedrige Gesinnung, Habsucht und Übermut von ihnen
ferngehalten werden. Und darum werden alle Schauspiele, Epen, Mythen
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