2. Kapitel. Sozialistische Ideen in Athen, bes. Platos aristokrat. Kommunismus. 33
und Erzählungen, die wider diese Regel fehlen, verboten, — und so
werden gerade die „klassischen“ Dichtwerke ein Opfer der Censur.
Die Mittel der Erziehung sind Gymnastik und Musik; jene umfafst
nicht blofs das System körperlicher Übungen, sondern überhaupt alles,
was zu einer passenden Lebensweise gehört; und die Musik wiederum
ist der Name nicht blofs für Instrumentalmusik und Gesang, sondern
auch für Mythologie und Poesie. Die Erziehung hat die Aufgabe, Körper,
Intellekt und Moral der jungen Leute gleichmäfsig und harmonisch aus-
zubilden. Daher müssen sie einfach und mäfsig leben, dürfen sich keinen
Tafelluxus erlauben und müssen überhaupt ganz wie im Felde leben.
Dies System der Pädagogik soll aber auch auf die besten Mädehen
ausgedehnt werden, da Plato glaubt, dafs beide Geschlechter von gleicher
Natur und nur im Grade, nicht in der Art ihrer Kräfte verschieden seien.
Darum „lasse man hier immerhin die Frauen (bei den körperlichen
Übungen) sich entkleiden — werden sie doch Tugend statt des Gewandes
überwerfen! —, darum lasse man sie am Kriege teilnehmen und an der
sonstigen Fürsorge um den Staat. Nur soll man dabei die leichteren
Arbeiten den Frauen überweisen wegen der Schwäche des Geschlechts“.
Aus dieser männlichen und weiblichen Elite wird nun wieder der
Kreis der zur Herrschaft Bestimmten herausdestilliert. Das geschieht
durch ein System höchst raffiniert ersonnener Prüfungen, die — ohne dafs
der Einzelne merkt, wie er beobachtet wird, und wie es auf seine Er-
probung abgesehen ist — ermitteln sollen, wer am meisten des Vaterlandes
Wohl zur unverbrüchlichen Maxime seiner Handlungen nimmt und zugleich
am meisten Geistesgegenwart in allerhand schwierigen und gefahrvollen
Situationen an den Tag legt. Am besten werden , wie Plato annimmt,
die tüchtigsten philosophischen Köpfe die Prüfungen bestehen. Mithin ist
ihnen — gleichgültig ob Männer oder Frauen — das Regiment anzuver-
trauen, jedoch erst, wenn sie mindestens fünfzig. J ahre alt geworden; und
sie führen es, gestützt auf die wunderbar geschulte und in ihrer Art un-
erreichte Kriegertruppe, mit unumschränkter Machtvollkommenheit, um
den Staat zu einem Werkzeuge der Tugend und der Gerechtigkeit zu
machen. Die Regierung wird innerhalb des Kreises der dazu auserwählten
Männer und Frauen abwechselnd geführt, „so dafs sie die meiste Zeit
der Philosöphie widmen, Jeder aber, wenn an ihm die Reihe ist, den
öffentlichen Angelegenheiten seine Kräfte zur Verfügung‘ stelle und dem
Gemeinwesen zu Liebe die Regierung übernehme, nicht als verrichteten sie
dadurch etwas Schönes, sondern etwas Notwendiges“,
So sind die Weisesten und Besten glücklich zu absoluten Herrschern
geworden. Giebt es aber nichts, was sie und ihre Gehilfen, die Krieger,
von ihrem tugendhaften, auf die Erkenntnis des Alls und den Nutzen des
Gemeinwohls gerichteten Verhalten abbringen könnte? Und hier sieht
Plato ein, dafs solche Verfehlung allerdings bei der Wahrnehmung der
ADBLER, Sozialismus und Kommunismus.