Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

ihre späteren Wiederholungen nur beeinflußt, wie das aufgegossene 
Öl den Gang der Maschine.“ 
So wird die Monotonie erst dort zu einem schweren sozialen 
Problem, wo das Arbeitsmittel dem Arbeiter seinen Rhythmus auf- 
zwingt, wo seelische Ansprüche und Erfordernisse einer mecha- 
nisierten Wirtschaftsweise zusammenprallen und so zur Quelle 
einer Unsumme von Verdruß, Verbitterung, seelischer Qual und 
Verkümmerung werden. 
Daß diese ungünstigen Wirkungen mechanisierter Fabrikarbeit 
nicht notwendig eintreten müssen, erweisen zwei Tatsachen. 
Erstens, daß Monotonie nicht eine den Verrichtungen mit objektiver 
Gültigkeit anhaftende Eigenschaft ist*. Es gibt an und für sich keine 
langweilende oder abstoßende Arbeit. Was die Gleichförmigkeit der 
Fabrikarbeit anbetrifft, so wird sıe — insbesondere die Maschinen: 
arbeit: — auf jemanden, der außerhalb eines Betriebes steht, stets 
einen mehr oder weniger eintönigen Eindruck machen, während 
dem damit beschäftigten Arbeiter die Gleichförmigkeit seines 
Tuns gar nicht zum Bewußtsein kommt, oder in einer Weise, die 
unserem Eindruck gerade entgegengesetzt ist. Technische Un- 
kenntnis verleitet viele wohlmeinende Menschen zu der Annahme, 
daß eine Arbeit, die ihrer psychischen Veranlagung nicht ent- 
spricht, auch von niemand anderem ausgeführt werden könne. Mit 
Recht sagt Matchoss®, daß solche Menschen in dieser Beziehung 
dem Knaben gleichen, der seiner Großmutter eine Trompete und 
eine Trommel schenkt, weil er überzeugt ist, ihr hiermit die größte 
Freude zu machen. 
Was dem Gefühl der Monotonie entgegensteht, ist die Tatsache, 
daß jede Maschine gewissermaßen ihre eigene Individualität hat, 
die von der Arbeiterschaft stark empfunden wird; die landläufige 
Meinung, daß die Maschine das unpersönlichste Gebilde der Welt 
sel, entspricht durchaus nicht immer den Tatsachen, und das 
Mitleid mit dem Arbeiter, der tausende ganz gleich aussehender 
EEE 
ı Karl Bücher, Arbeit und Rhythmus, S. 443. 
? Praktische Psychologie, Jahrg. 1920, S. 71. 
* E. Matchoss, Die Bedeutung der Persönlichkeit für die industrielle Entwick- 
lung, S. 15/16. 
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