Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

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des Muskels und eine mangelnde Blutversorgung desselben. Die 
Ansammlung der Ermüdungsstoffe im Blut verengt die Gefäße und 
beeinträchtigt dadurch die Zufuhr des für den Verbrennungsprozeß 
notwendigen Sauerstoffes. 
Eine Kenntnis der Gründe des Müdeseins ıst weitere Voraus- 
setzung für eine erfolgreiche Ermüdungsbekämpfung. Eintretende 
Ermüdung äußert sich im Sinken der Arbeitsleistung, der Verlang- 
samung der Bewegungen und der Außerachtlassung der Rücksicht 
auf Unfallgefahren. Zwei Umstände sind es nach Otto Lipmann, 
die diese Herabsetzung der Leistungsbereitschaft bewirken: Er- 
müdung und Müdigkeit. 
Die Ermüdung ist ein bestimmter, objektiver Zustand des 
Organismus, den man wenigstens theoretisch auf eine chemische 
Formel bringen könnte. Mit Beginn der Arbeit tritt die objektive 
Ermüdung ein, wird aber erst wahrgenommen, wenn die Müdigkeit, 
das subjektive Gefühl hinzutritt. Dieses stellt sich erst nach einer 
gewissen Zeit und Leistung ein, als kluger Warner, daß nunmehr 
der Kräfteverbrauch erheblich geworden ist. Im allgemeinen gehen 
Müdigkeit und Ermüdung parallel; mit zunehmender objektiver 
Ermüdung steigt auch das subjektive Gefühl der Müdigkeit. Von 
dieser Regel gibt es jedoch viele Ausnahmen: Die Tatsache, daß die 
Arbeitsleistung trotz Zunahme der objektiven Ermüdung gegen 
Schluß eine Erhöhung zu erfahren pflegt, ist auf eine Vermehrung 
des subjektiven Leistungswillens, den sogenannten ‚,Schlußantrieb“‘, 
zurückzuführen. Seelische Erregung kann uns die objektive Er- 
müdung überwinden, ja sie gar nicht wahrnehmen lassen; sie kann 
sogar, wenn sie übersehen und nicht beachtet wird, schließlich völlig 
schwinden). 
Umgekehrt gibt das subjektive Gefühl der Müdigkeit keinen 
zuverlässigen Maßstab für die objektive Ermüdung ab, die auf der 
einen Seite durch den Willen unterdrückt, auf der anderen Seite 
durch psychische Faktoren, wie Arbeitsunlust, Stimmungen usw., 
ın einem Maße gesteigert werden kann, das der wirklich geleisteten 
Arbeit in keiner Weise entspricht. Wenn ein Arbeiter, dessen 
1 Berliner Tageblatt, 16. März 1921. 
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