Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

englischen Rüstungsbetrieben durchgeführten Untersuchungen er- 
gaben bei einer Kürzung des zwölfstündigen Arbeitstages um 
16,5% ein Leistungsmehr von 5 v. H., bei einer Kürzung um 20% 
eine Produktionssteigerung von 12,4 v. H.1. 
Trotz dieser übereinstimmenden Ergebnisse wäre es verfehlt, 
den achtstündigen Arbeitstag auf alle Fälle empfehlen zu wollen. 
Für eine derartige Verallgemeinerung sind die Probleme zu viel- 
seitiger Natur®*: kultureller, sanitärer und wirtschaftlicher Art. 
Die Frage nach der zweckmäßigen Begrenzung der täglichen Ar- 
beitszeit ist von jedem dieser Standpunkte aus anders zu beurteilen 
und unter jedem dieser Standpunkte können Verkürzungen der 
Arbeitszeit gefordert oder Verlängerungen als statthaft oder un- 
statthaft bezeichnet werden. 
Der kulturelle Arbeitstag? ist die vom Arbeitnehmer ohne Rück- 
sicht auf Ermüdung oder Nichtermüdung oder zum mindesten 
unter starker Unterwertung der Ermüdungsfrage geforderte Ar- 
beitszeit, die dem Arbeiter eine Spanne freier, nach eigenem Be- 
lieben verfügbarer Erholungszeit läßt. Als kulturellen Maximal- 
arbeitstag* wird man diejenige zeitliche Begrenzung der täglichen 
Arbeitszeit bezeichnen können, die es dem Arbeiter ermöglicht, 
neben dem Bedürfnis nach Ruhe und Nahrung auch persönliche 
und kulturelle Wünsche zu befriedigen. Eine Begrenzung® des 
kulturellen Maximalarbeitstages scheitert an der Unmöglichkeit der 
Bemessung der kulturellen Bedürfnisse des Arbeiters, die dem 
individuellen Ermessen und ebenso der durchaus subjektiven 
Forderung einer politischen Partei überlassen bleiben muß. Solche 
subjektive Forderungen können zum Teil durch Hinweis auf 
statistische Ergebnisse über die Verwendung der Freizeit des 
Arbeiters begründet werden. Obere und untere Grenzen der Frei- 
zeit des Arbeiters lassen sich also mit Hilfe objektiver Methoden 
nicht festlegen. Nur ganz allgemein wird man sagen können, daß 
! E. Lysinski, Psychologie des Betriebes, S. 141. 
? Fritz Giese, Handwörterbuch der Arbeitswissenschaft, Spalte 426. 
® E. Atzler, Körper und Arbeit, S. 490. 
* Volkswohlfahrt, Jahrg. 1924, S. 30, 
5 O0. Lipmann, Das Arbeitszeitproblem, A. III. 
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