596 Die Verwendung des Gewinns.
eingetretenen bzw. erwarteten oder mathematisch berechneten Wertvermin-
derung. Würden Abschreibungen nicht vorgenommen werden, so würde der
ausgewiesene Gewinn zu hoch oder der Verlust zu gering sein, weil in der
Bilanz Vermögenswerte erscheinen würden, die infolge von Abnutzung, Be-
schädigung oder Entwertung den angesetzten Werten nicht mehr entsprechen.
Häufig gehen freilich die Abschreibungen über das ihrem Zwecke angepaßte
Maß hinaus. Anlagen, Waren, Wertpapiere oder Forderungen werden z. B.
niedriger in die Bilanz eingesetzt, als es der am Bilanztage vorhandenen oder
mit Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Abnutzung oder Entwertung entspricht.
Soweit dies der Fall ist, wird aber nur die Form der Abschreibung gewählt; in
Wirklichkeit handelt es sich insoweit um Reserven, die zum Unterschied von
den ohne Bilanzprüfung erkennbaren („offenen‘) Reserven als „stille
Reserven“ bezeichnet werden.
Wie schon erwähnt, kann der Gewinn, soweit er nicht zu Reservestellungen
benutzt wird, zur Erhöhung des im Kapital-Konto ausgewiesenen Kapitals
verwendet werden. Er kann aber auch — ganz oder zum Teil — zur Aus-
schüttung dienen. Unterschiede treten in dieser Beziehung je nach der
juristischen Form, in der das Unternehmen betrieben wird, hervor. Einzel-
kaufleute und offene Handelsgesellschaften führen den nicht zu Rücklagen
verwendeten Gewinn in der Regel dem Kapital zu; eine Ausnahme bilden nur
die Fälle, wo eine Ausschüttung von Gewinnanteilen an einen oder mehrere stille
Gesellschafter, zuweilen auch an Gläubiger auf Grund eines vertragsmäßigen
Anspruchs erfolgt. Das Kapital-Konto der Bilanz wird dann in der nächsten
Rechnungsperiode um den nicht reservierten oder in dieser Weise verteilten
Gewinn erhöht. Bei offenen Handelsgesellschaften wird in der Bilanz natür-
lich für jeden Gesellschafter ein besonderes Kapital-Konto geführt, und einem
jeden wird der auf Grund des Gesellschaftsvertrages (Sozietätsvertrages) ver-
einbarte prozentuale Gewinnanteil zugeschrieben. Als Gewinnausschüttung
werden freilich auch bei Einzelkaufleuten oder offenen Handelsgesellschaften
häufig die Entnahmen der Inhaber für ihren persönlichen Gebrauch oder für
ähnliche Zwecke betrachtet. Tatsächlich handelt es sich aber hierbei wirt-
schaftlich nur um Vorauszahlungen des Unternehmens auf den im Laufe der
Rechnungsperiode bisher entstandenen oder voraussichtlich entstehenden Ge-
winn. Eine Gewinnausschüttung kann erst erfolgen, nachdem der Gewinn
durch die Bilanz festgestellt ist. In den Büchern werden diese Entnahmen
auch meist, wie es ihrem Sinn entspricht, den Inhabern auf Kontokorrent-
Konto belastet oder vom Kapital-Konto abgeschrieben. In derselben Weise
wie die nicht zu Rücklagen dienenden bilanzmäßigen Gewinne dem Kapital-
Konto zugeschrieben werden, wird dieses Konto um den entsprechenden in
der Bilanz ausgewiesenen Verlust vermindert.
Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der Aktiengesellschaft
und der Genossenschaft kann eine Zuführung des bilanzmäßigen Gewinnes zum
Kapital-Konto oder dessen Minderung durch den Verlust nicht stattfinden.
Diese Unternehmen haben vielmehr ‘ein festes Kapital, das sich nur durch