Full text: Das Buch der alten Firmen der Stadt Hannover im Jahre 1927

Das Buchdruckgewerbe in Hannover. 
Von 1 H. Leonhardt, Hannover. 
Das nach der Bibel am häufislten vervielfältiste Werk „Die Nachfolse Chrifti” it das erlte Buch, das 
auf dem Boden des hannoverlchen Landes ent/tand. Johannes Luce in Lüneburg druckte bereits 1483 
diefles bekannte Werk: Thomas a Kempis, de imitatione Chrilti. — Damit wird deutlich, wie fhnell die 
Buchdruckerkunft nach der teilweilen Zerftörung von Mainz, der Geburtsltätte derlelben, im Jahre 1462 
auch in Niederlachlen Einsans fand. Trobßdem kann das Hannoverland nicht mit den alten deutlchen 
Kulturltädten am Main und Rhein und in Süddeutfchland hinfichtlich des Alters der Pflege der Ichwarzen 
Kunlt wetteifern. In Bamberg druckte fchon 1450 Albrecht Pfilter, in Straßburg Johann Mentelin ; dort 
befanden fich im Reformationszeitalter bereits 12 Druckereien. Neben Straßburg war fleit 1468 Aussburg 
eine bedeutlame Druckltadt, und Nürnbers war berühmt durch das Großunternehmen von Anton Koberger 
1473 bis 1513), das 120 Prellen befchäftist haben foll. In München wird 1482 zuerlt gedruckt, und in 
der Schweiz fand das Buchdrucksewerbe um 1470 Einsans. 
Wie unbedeutend erlfcheint hiergesgen die Entwicklung in den Städten Niederdeutfchlands. Die Hanfe- 
‚tädte, vor allem Hamburs und Lübeck, machen zwar Ausnahmen, denn in Lübeck ilft bereits 1475 in 
"_ucas Brandis ein bedeutender Druckkünftler bekannt geworden. Berlin hat wahrfeheinlich 1424, Masde= 
zurs 1486, Braunfchweig 1500 den erlten Drucker belefflen, aber für alle diefe wagemutigen Geilter ilt es 
doch bezeichnend, daß fie nur recht kurze Zeit an den senannten Orten tätis gewelen find und dann 
‚eils fich anderswo niedergelaflen, teils ihren Beruf wieder aufgegeben haben. 
Auch die beiden erlten Jünger Gutenberss in der Stadt Hannover haben diefer bald den Rücken 
gekehrt und anderswo ihr Glück verlucht. 
Nach 1500 wurde die Reformation in Deutfchland für das deutlhe Buchdrucksewerbe das, was die 
Renaillancekultur für das italienifche bedeutet hatte. Nicht nur relisiöfe und theolosifche Abhandlunsen 
und Bücher wurden zu Taufenden vervielfältist, auch die sänzlich veränderten politilchen und rechtlichen 
Verhältnille in den einzelnen Territorialltaaten brachten ungeheure Mengen notwendiser Arbeit mit lich. 
Diefem gelchichtlichen Werdeprozeß verdankt die Stadt Hannover ihren erlten Drucker, Henning Rüdern, 
der fich 1544 vorübergehend hier aufhielt. Er war aus Wolfenbüttel infolge der kriegerifchen Unruhen 
des fchmalkaldifchen Krieges, der feinem Gönner, Herzog Heinrich, fo übel mitlpielte, fortgezogen, hatte 
fich zunächft nach Hildesheim und dann nach Hannover gewandt und kehrte 1549 wieder nach Wolfen= 
büttel zurück. 
Trob diefer kurzen Zeit, die Henning Rüdem in Hannover weilte, hatte er eine sroße Anzahl von 
kulturhiltorifch wichtigen Drucken herausgebracht, u. a. die Kirchenordnung der Stadt Hildesheim, deren 
Titelblatt wir hierneben zum Abdruck bringen. 
Auch der zweite in Hannover auftretende Buchdrucker Flias Holbein fheint aus Wolfenbüttel zu 
tammen, wo wahrlcheinlich fein Vater gleichen Namens leit 1613 eine Offizin befaß, die er teilweile als 
:Urltlich beftallter Buchdrucker nach Celle überführte; von dort hat nach feinem 1628 erfolsten Tode fein 
Sohn dielen Teil 1636 bis 1639 nach Hannover gebracht, wohin ihn der Plan der Errichtung einer neuen 
Refidenz gezogen haben wird. Hier fand er aber offenbar kein rechtes Feld für feine Betätisuns, er kehrte 
nach Celle zurück, von wo er feinen Anteil 1651 nach Stade verleste, während der andere Teil in der 
Hand feines Bruders (?) Andreas in Celle verblieb. 
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