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Sriechen allerdings al3 Sohn des hHöchften Gottes, welcher
in Knechtsgeftalt erfcheint, fich im Dienfte der Men] chheit
abarbeitet und {OHließlich in den Himmel erhoben wird.
Aber denken wir nur an feinen Tod: Selbftmord, nachdem
jein leßter Chebruch einen für den Helden felbft traurigen
Ausgang genommen Hat! Yehnlich in der indijhen Sage,
bie Goethe zu der Ballade: der Gott und die Bajadere
verarbeitet hat. Auch hier befteht die erlöfende That in
Unzucht des Öotte8, die Wiedergeburt der fündigen Seele
in einem finnlidhen Siebesraufche, der von Reue gar nicht
an fi hat. Was in all diejfen Sagen äußerlich an die
Oriftliche Wahrheit erinnert, ift eben nur eine Folge und
darum ein Symptom de8 tiefen, unlöfchbaren, allgemeinen
Bebürfnifjes aller Menjhen, da3z in Chrifto zulebt feine
wahre, einzige, ewige Befriedigung gefunden hat.
Rationaliftifche Brofamen ftatt der Speifen des reich befetzten
Tifches.
Auf Mittheilung eine8 Kieben Collegen Ia3 ih in
diefen Tagen die fchweizerifche „BettagSpredigt‘“, welche
zin fehr beliebter Züricher Nanzelredner im September 1877
gehalten hatte. €3 war eine Predigt, die jedem ideal ge
richteten Juden, Muhammedaner und Heiden gefallen Haben
mürde, Die auch mir nirgend& pofitiven Anftoß gab, voll
mwürdiger, nicht felten biblifch formulirter Mahnungen, zwar
entjchieden hHelvetijdh und demokratifch gefärbt, aber dabei
tief durchdrungen von der Nothwendiakeit einer fittlich=