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hohem Grade anfprechen und beruhigen. Während fonft
das Seichtnehmen der Sünde oft zu Krperlicdher Zerrüttung,
irbifcher Unehre und Erfolglofjigkeit, ja wohl gar zu fchweren
Verbrechen führt, jehen wir Hier ein bis ing Hohe Alter
gejundes, glänzend erfolgreiches und angefeheneS Leben,
daS auch fittlich zwar KFeinesweg3 tadello3, aber doch nach
der gewöhnlichen Moral der Weltleute durchaus „anftändig“
und dabei wejentlih zufrieden verläuft, ganz ohne jene
tief JOmerzlide Sehn{ucht nach einer Höheren Welt, die
3. 5. Schiller durdhglühet. Kein Wunder, menn fo viele
„Höhergebildete“ Ooethe’3 Leben al3 ein Mufterleben
verehrten. Für unjer Volk hat das freilich eine fchlimme
Wirkung gehabt. Wie oft Hört man GreihdhHen als eine
Art von Ideal eines deutfjdhen MüädcdhenzZ erwähnen, ob-
wohl boch jeder Bater, defjen Tochter foldhe Dinge hut,
mie Örethhen, münfchen würde, fie lieber al3 Kind durch
den Tod verloren zu Haben. Eine Zauberkraft der Poefie,
die mich oft an die Alcina des Arioft erinnert, aber {HYwer
gerichtet wird, nicht bloß durch den Weheruf des Jefatas (5, 20),
Yondern auch durch daS fair is foul and foul is fair, das
Shafefpeare im Eingange feines Macbeth al3 den oberiten
Örundlab des Bölen anführt.
Sebet in Lebensgefahr.
Wenn ich aus irgend einem Örunde mid in Lebens-
gefahr glaube, fo pflege ich etma folgendermaßen zu beten:
„Siehlter Herr Jefu, Du Haft verlprochen, wer zu mir