Full text: Geistliche Gedanken eines National-Ökonomen

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mente zu prüfen, hat das große Loch, daß die Nirdhe doch 
ohne Zweifel älter ift, al3 das Neue Tejtament, und die Samm- 
(ung des leßteren eben von der Kirche veranftaltet worden. 
Andererfeits ind die Ausartungs-Gefahren, welche die Kirche 
bedrohen, Jobald fie fih vom Neuen Teftamente zu felbjtändig 
entfernt, ebenfo groß, wie in Der römijdhen Rirche unver- 
fennbar. Diejer Gegenfjaß, recht verftanden, [ollte beide 
Kirchen zu {Hwefterlidher Toleranz anhalten! 
Das Sterben „vor der Reife.” 
Aöer bis in Alter „glücklich“ gewefjen ijt, der fieht 
gewöhnlich auf. feine Zeitgenofjen, die al3 Kinder oder 
HYünglinge, Überhaupt „vor ihrer Reife“ geftorben 
jind, mögen e3 Freunde oder NMebenbuhler von ihm ge- 
wejen Jein, mit einem gewijfen Mitleiden herab. Sollte 
treilich biefes Mitleiden eines Menfchen, der feine Anlagen 
oollentwidelt, feine Aufgaben voll gelöft zu Haben glaubt, 
den Charakter der Selbftgefälligfeit an ih tragen, 10 
mürden ihm nach dem eigenen Tode des Siteln die 
jmerzlichjten, aber gewiß erzieherijd heilfamften Ent- 
täujdh ungen beborftehen. Meine jung in die Höhere Welt 
abgerufenen Zeitgenofjen werden fich dort gewiß viel freier 
und höher entwicelt Haben, al3 ih inzwifchen auf der 
armen Erde: auch abgefehen davon, daß wir hHienieden, 
jobald wir ein gemwifjes Alter erreicht Haben, wenigftens 
in denjenigen Geifteskräften, welche die Welt am Höchften 
Ihäßt, Feine Forticdhritte mehr, fondern meilt Nückichritte
	        
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