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zeugenden Naturkräfte, wodurch in befonders fruchtbaren
Segenden, wie z. B. Indien, die Vielgütterei befördert
murde.
So wenig bei den meijten Nomadenvölfern mit ihrer
halben Weibergemeinfhaft an Familienleben im engeren
Sinne zu Denken ijt, fo entfchieden Hat doch ihr Staats-
mwejen den patriardhalifdhen Charakter einer großen Familie
nod) beibehalten. Alle Ölieder eines Stammes3 betrachten
ich al8 nähere, alle Stämme eines Volkes als fernere
Verwandte. MNMirgend3 wird auf Stammbäume national
Jolcher Werth gelegt, wie in Ddiejen „SGefchlechterftaaten“.
Nebrigen3 freilich it das Band der politijhen Unterord=
nung hier fehr Ioje. Die Öleichheit der LebenSweife läßt
unter Freien kaum einen Standesunter]chied aufkommen.
Bei den Beduinen Hat allerdings jeder Stamm feinen
Scheikh, jedes Lager feinen Unterfcheith. AWber die Macht
diejer Häuptlinge befteht eigentlidh nur in der Wirkffamkeit
iOves Beijpiels, Anftatt ihre Unterthanen zu befteuern,
müjjen fie gerade vorzugSweije zur ®ajtfreiheit und Mkild-
thätigfeit bereit jein. Die Turkomanen find ftolz darauf,
daß fie „weder von einem Baume, noch von einem Könige
hefchattet werden“. Micdht einmal an Städte mag fich der
unbändige Freiheitsfinn der Nomaden feffeln; diefe gelten
bei den Beduinen wie bei den alten Deutfhen al3 Ge-
rängnifje; daher hei den erfieren auch die Verbindung mit
einer Städterin als Mißheirath. Die Politik der Nomaden-
völfer läßt fih am fürzeften damit bezeichnen, daß eine
Menge von Eigenthümlichkeiten, weldhe die AYcerbanvöltker
nur in ibrem früheren Mittelalter aehabt haben, bei ihnen