Full text: Geistliche Gedanken eines National-Ökonomen

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gleichgültig ijt, um den würdigen, wirklich bedrängten 
Armen auszukundjchaften, wohl aber der, welcher (nach 
jorgfältiger Prüfung) dem unwürdigen Armen feinen Bei- 
itand gewährt.“ „VBerfagen kann oft auch Helfen fein, 
und Geben ijt oft Verderben.“ Weil die Urmenpflege die 
allergenauefte Berlichfichtigung der Perfönlichkeiten und 
Dertlichfeiten erfordert, fo verträgt fie nur eine fehr ge= 
ringe Centralijation. Der Armenpfleger muß jelbit in die 
Hütten der Armen gehen, wiederholt gehen, unerwartet 
gehen, vor und nach der WohlthHat gehen, wenn er auch 
mur Die erlogene oder wenig{tens übertrieben gejhilderte 
Armuth von der wahren, verfchämten unterIheiden will. 
Bon leichtfinnigen Almojengebern jagte Lord NeavesS, fie 
gehörten practifh zu den fhädlichjten Feinden der Armen. 
Sie verführen und ermuthigen Ddiefelben zu Heuchelet und 
Betrug, untergraben ihre Selbftachtung und ihr Selbit- 
vertrauen, [Hwäcdhen ihren Fleiß. Ein großer Theil der 
Beweggründe zu folhen Pfeudowohlthaten befteht in dem 
Wunfhe, zu thun, was Andere tihHum, und den unerfreu= 
lichen Anblick der Noth zu vermeiden, in der Unfähigkeit, 
Zudringlichen zu widerftehen, in dem phartjäifchen Ge- 
danfen, man miiffe von feinem Bermögen etwas abgeben, 
ohne RKückfiht auf den Zwed. Emminghaus meinte {9gar, 
e8 {ei weniger fOlimm, wenn einmal daz SGejuch eines 
wirklich Bedürftigen abgefchlagen, als daz Verlangen eineS 
Nichtbedürftigen befriedigt werde. 
Ein Almojen {ft nie gleichgültig: wenn e$ nicht nüßt, 
jo {chadet e8. Eine wirkliche Kur der Krankheit Armuth 
it ohne aenaue Unterhuchung des Leidenden unmöglich.
	        
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