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Befolgung feiner Gebote unmittelbar zwingt, fo Kann auch
jeder einzelne Bürger de3 GottesreiheS in die unmittel-
barjte Beziehung zum Herricher treten. Da jeder Men-
Ichenfeele ein unendlicher Werth zuerkannt ift, find fie unter
einander, wenn fie felbft nur wollen, gleichberechtigt. Und
da auf die Dauer die Beften (Aocotor) gewiß zur höücdh-
ften Geltung gelangen, fo findet fih in dem ganzen Ber-
Hältniffe auch etimwa3 echt Ariftokratijdhes, nur ohne das
immerhin Jelbitiüchtige Princip der Ausfchließung, das
freilid) in den irdijhHen Ariftokratien eine fo große Rolle
Ipielt. (Bolitit ©. 16.)
Die „gerechte Mitte‘.
Da felbit die beften Menfchen immer an Frrthum
und Sünde zu leiden Haben, ift keine Richtung denkbar,
die nicht, wenn fie ganz ohne Hinderniz ihre äußerften
Confequenzen erreichen kann, fcqhließlih zu Monfirofitäten
führen mürde. Darum fo Heiljam, wa3 abftracte Doctri-
näre gern als Halbheit und Ynconfequenz tadeln, wenn
ein neue3 Princip zur Herrfhaft gelangt, und nun von
dem früher herrichenden Principe noch mancherlei Refte
fortmirfen. Dieß mildert nicht bloß die Schroffheit des
NebergangeS (feine Revolution, fondern Reform), fondern
jchüßt auch daz Neue vor feiner {Hlimmften Gefahr, der
Nebertreibung. Wenn gläubige Theologen oft gegen die
„gerechte Mitte“ an fich geeifert Haben, jo verwechjelten
fie dabei das Verhältnig des Menfdhen zu Gott, wo es
allerdingS heißen muß: Entweder — Oder, mit dem zu
anderen Menfchen. Im erften Falle it Lauter Weisheit,