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auf unjer Gewijffen wirkt. Das mofjaijdhe Wort appellirt
bet ©ott {hon an eine viel perfönlichere, gleidhfam ethijche
Sigen{haft; auf Seiten des Menfdhen an daS rein ethifcdhe
Bewußtfein der ihn aner[haffenen Gottebenbildlichkeit. Wber
28 mürde berzweiflungsvoll zu Boden drücken, wenn keine
meffianijche Hoffnung da3 geängftete Herz wieder aufrich-
tete. Wie ganz anders die paulinijhe Stelle, wo der
Herr in feiner ganzen, lebendigen, mwohlbekannten gott-
menjcOhlichen Perfönlichteit und erlöfenden Liebe erfdheint,
wir als die Seinen, er natlırlih auch als der Unfere;
wo aber dem feligen Trojte, dieß ANes zu kennen und
zu empfinden, al3 Heilfame Warnung, aber auch mur al8
Warnung der Seinen, zugefügt wird, daß wir von der
Ungerechtigfeit abgetreten fein müffen!
Die angebliche SelbftverftändlichFeit der qHriftlichen Moral.
Sin lieber Freund jAhrieb mir, ein berühmter Natur-
iorfcher Habe ihm, bei fonftiger Gering{häßung des Chriften-
Mums, die Güte der Hriftlidhen Moral zugegeben, doch gleich
Hinzugefügt, Ddiefe leßtere verftehe fich eigentlidh von felbjt. —
Sit das nicht ganz, wie die Meinung des FreigeifieS im
Don Carlos, der auch wegen der gefeßlichen Ordnung der
Welt die Frage aufwirft: „Wozu ein Gott? die Welt ift
lich genug“? Vortrefflich febt Schiller hinzu: „Und feines
Shrijten Andacht hat ihn mehr, als diejes Freigeijt3Z Läf-
‚erung gepriejen“! Der gefchichtlih Unwifjende merkt eben
jar nicht, wenn er zugleich irreligiö3 ijt, welche Elemente
DEN