Full text: Südwestdeutschland (Band 4)

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an; italienische, niederländische, deutsche Formtypen streben in 
ihm der Verschmelzung zu und dieser Tatsache gegenüber kommt 
der (voraussichtlich nie zu entscheidenden) Frage nach der Natio- 
nalität des Urhebers nur untergeordnete Bedeutung zu. Bis dahin 
war, was wir deutsche Renss. nennen, lediglich eine dekorative An- 
passung des neuen Details an einen traditionell nordisch gestalteten 
Kernbau gewesen. Im Ottheinrichsbau hat sich das Verhältnis um- 
gekehrt. Die Komposition im großen, die Lagerung der Stock- 
werke nach beherrschenden Horizontalen, die organische Eingliede- 
rung der Ordnungen, überhaupt die Auffassung der Verhältnisse 
sind italienisch: dagegen die Schmuckformen gehen weit weniger 
unmittelbar auf italienische Vorbilder zurück, als manche der ersten 
Renaissanceversuche in Deutschland; sie sind durch eine schon 
selbständig tätige nordische Phantasie hindurchgegangen. Und zwar 
kann man zwei in Heidelberg sich mischende Quellen mit Be- 
stimmtheit bezeichnen: die Kunstweise des Niederländers Cormelis 
Floris und die des in Nürnberg ansässigen Peter Flötner; die er- 
stere besonders kenntlich an dem von Coliz ausgefürten Portal, die 
jetztere schon bei den Bauten Friedrichs II. wahrnehmbar. Als Quelle 
der Proportionen hat G. v. Bezold die Schriften des Ser/io erkannt *); 
sie sind jedenfalls von größerem Einfluß gewesen, als die Erinnerung 
an irgendeinen einzelnen Bau (Palazzo Roverella in Ferrara). — Der 
Ottheinrichsbau bildet ein nicht ganz genaues Reck. von 62m Fassaden- 
länge und 44m innerer Tiefe. Die n Schmalseite stößt an die be- 
reits vorhandene Mauer des gläsernen Saalbaus. Die OSeite, im 
Erdgeschoß direkt auf die alte Zwingermauer gesetzt, ist ganz einfach 
gehalten. Als Schauseite kommt nur die Hoffront (W) in Betracht. 
Der Fall des Geländes von S nach N und das Verlangen nach 
geräumigen Kellern veranlaßte die Anlage eines hohen Sockel- 
geschosses (mittlere H. 4 m), das ohne Frage aus der Proportion 
fällt. Im übrigen vollzieht. sich der Aufbau in 3 Geschossen von 
abnehmender Höhe (7,4: 5: 4,4). Die Abstände der je 10 Fenster 
sind gleich. Doch tritt insofern eine Gruppierung ein, als je 2 von 
ihnen durch Pilaster zu einer Doppeltravee zusammengefaßt werden: 
im Erdgeschoß die Pilaster rustiziert mit jon. Kapt., im Mittelgeschoß 
Füllung mit Grotesken und korinth. Kapt., im Obergeschoß nicht 
mehr Pilaster, sondern Halbsll. In der Mitte zwischen jedem 
Fensterpaar eine Statuennische. Da die Geschosse ungleiche, alle 
Statuen aber gleiche Höhe haben, konnte eine gewisse Disharmonie 
der Proportionen nicht vermieden werden; im Untergeschoß ist 
sie durch hohe Sockel leidlich überwunden, im letzten Geschoß 
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*) Das Interesse an Ser/zo bestätigen neuerdings die archivalischen Funde 
MM. Rotts, wonach gerade 1556—59 zwei Ausgaben seines Handbuchs, die italienische 
ınd die niederländische, für die kurfürstl. Bibliothek erworben wurden.
	        
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