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kurrenzen und Gutachten hin und her, wie sie bei den fürstlichen
Bauherrn jener Zeit Sitte waren, so umständlich aber kaum je
wieder vorgekommen sein dürften. Den ersten Auftrag erhielt ein
vielleicht schon in Deutschland geborener Sproß einer italienischen
Architektenfamilie, Zeopoldo Retti (mindestens 4 Retti bekannt,
dazu der berühmte Oheim Frisoni), vorher in Ansbach und seit
1744 als Erbauer des Schlosses in Stuttgart tätig. 1749 Gutachten
von Balthasar Neumann, 1750 zwei neue Entwürfe von Retfti.
Im selben Jahr selbständiger Entwurf Neumanns, dem 1751 zwei
neue folgten, Daneben Entwürfe von Pedetti in Eichstätt und
de la Guepiere in Stuttgart. Reffi war 1751 gestorben. Die
Summe aus allen diesen Vorschlägen zog 1752 der bei Rerfi aus-
gebildete Hofjunker und Leutnant A%r, Friedr, v. Keßlau, Sohn
des preußischen Majors K, in Wesel. Er schloß sich an das dritte
Neumannsche Projekt engstens an, welches nicht Neubau, sondern
Umbau des bestehenden Schlosses zum Ziel hatte, Das Corps de
Logis mit den Flügeln blieb in der Anlage bestehen, nur die über-
mäßige Verlängerung der Flügel wurde aufgegeben und durch selb-
ständige Nebengebäude ersetzt. Eine kleine, aber bedeutungsvolle
Verbesserung liegt in der Einführung der Eckrisalite am Corps de
Logis, die den Richtungsumschwung der Flügel gleichsam als Ge-
lenke akzentuieren, Bauleiter blieb bis 1771 Keßllau, unter Be-
ratung (1752—59) durch de /z Gweßiere, Die Behandlung der
Fassade in einem sehr gedämpften Barock, die Wirkung nur in die
Verhältnisse legend, hat denn auch unverkennbare Verwandtschaft
mit dem Schloß in Stuttgart, Die Dekorateure sind z. T. die-
selben, wie dort. Vollendung der inneren Ausstattung 1775, in
welcher Zeit Wil. Jeremias Müller die Oberleitung hatte, Das
Deckengemälde des Marmorsaals und die Sopraporten von dem
in Paris ausgebildeten Lothringer Joseph Melling. Kuppel des
Schloß-T. (vorher Bar. Haube) 1785.
Die älteren Gebäude der Stadt, soweit sie künstlerisch in Betracht
kommen, verteilen sich auf zwei Architekten: Will, Jeremias Müller
(T 1801) ein Übergangsmeister, innerlich dem Rokoko nie ganz
entfremdet; Zriedrich Weinbrenner (1766—1826) ein Vertreter der
neuklassischen Simplizität in ihrer rigorosesten Form, anmutlos aber
niemals kleinlich, durch eine karge Zeit in seinem monumentalen
[dealismus nie wankend gemacht, ein Meister sinnreicher und
mannigfaltiger Grundrisse. — Von Müller: Zeughaus 1771—80,
Kleine Kirche (ref.) 1779; Schwedenpalais 1779; Altes Archiv 1799.
Von Weinörenner: Evang. Stadt,-K, 1807—15, flache Decke, durch
mächtige korinth, SIL. in 3 Sch. geteilt, hölzerne Emporen sehr
unorganisch eingeschoben, Tempelfassade: Kathol. Stadt-K. 1814,