Full text: Südwestdeutschland (Band 4)

Mai 
230 — 
Mai 
ist es schwer, sich vorzustellen, daß. man schon bald nach der 
eine lange Bautätigkeit abschließenden Weihe von 1239 sich wieder 
zu so eingehenden Änderungen verstanden habe und wird deshalb 
geneigt sein, die Lettner noch vor.1239 zu setzen. Andererseits 
wäre ein so frühes. Datum stilgeschichtlich schwer zu begründen; 
für die architektonischen und ornamentalen Formen könnte man 
es noch begreifen; aber für die Plastik? Dieselbe paßt zu einer 
Lettneranlage (vgl. Gelnhausen und Naumburg) so gut; für welchen 
anderen Bauteil könnte sie sonst bestimmt gewesen sein? Ob 
nun vor oder nach 1239, immer bleiben die Lettnerfragmente in 
der Geschichte der. Mainzer Kunst ein isoliertes Zwischenspiel. 
Es hat sich keine schulmäßige Weiterentwicklung daran ge- 
knüpft. 
4. Außenbau. In alter Zeit war der Dom ganz — und ist es, 
in anderer Weise, zum großen Teil noch jetzt — von niedrigeren 
Gebäuden, die dicht an ihn herantraten, eingeschlossen. Er. hatte 
nur durch seine überragenden oberen Partien zu wirken. Unten 
kommen allein die Portale in Betracht. — Auf der NSeite das 
Marktportal, A. 13. Jh., nicht sonderlich reich, aber in Proportionen 
und Profilen bmkw. fein und vornehm, im Tympanon Flachrelief, 
Christus in der Mandelglorie, von 2 Engeln getragen; die schlichten 
bronzenen Türflügel von der 1804 abgebrochenen Liebfrauen-K. 
hierher versetzt; sie sind für Erzb. Willigis von einem Meister 
Beringer gegossen; in den oberen Füllungen später eingegraben 
die von Erzb. Adalbert I. 1118 erteilte Urkunde der Stadtfreiheit. — 
Das am n Qsch. innen angebrachte sprom. Portal ist im 19. Jh. 
hierher versetzt; es war Außenportal des H. Geistspitals, c. 1230. — 
Auf der WSeite am s Qsch. das längere Zeit vermauert gewesene, 
nur z. T. freigelegte Portal des Paradieses (Zugang vom Leich- 
hof); ungefähr aus derselben Zeit, wie das vorige, aber in einem 
anderen, üppigeren Dekorationsstil; am Tympanon der Welten- 
richter zwischen Maria und Johannes, in dem engeren Raum der 
Ecken die Halbfigg. zweier Bischöfe; sehr hohes, der Vollplastik 
sich näherndes Relief; Muschelnimben. — Das Portal der SSeite 
führt zur Memorie und wird dort besprochen werden. — End- 
lich 2 Portale am o Ende der Sschiffe, . Ihre Stilrichtung ist eine 
wesentlich andere als die des Marktportals. Die prachtvollen 
korinth. Kaptt.. (modern übergangen) weisen auf eine Verbin- 
dung mit der lombardischen Protorenaissance, wie sie, weit um- 
fassender noch, auch am Dom von Speier vorkommt; gleichen 
Ursprungs das Löwenkapt. Im Innern, an der Wand der n Durch- 
gangshalle ein Quaderstein, in dessen Fläche der Umriß eines ähn- 
lichen Löwen eingeritzt ist. Die Tympana glatt, ohne plastischen 
Schmuck. Am s ein ursp. nicht für diesen Platz gearbeitetes
	        
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