— 184 —
Man sieht hieraus, daß man von ‚einer kleinen Menge Stickoxyd
ausgehend theoretisch eine. unbegrenzte, praktisch immerhin eine sehr
große Menge Schwefeldioxyd in Schwefelsäure verwandeln kann.
Bei der fabrikmäßigen Darstellung der Schwefelsäure Jeitet man das aus Schwe-
tel oder meist aus Schwefelkies oder Pyrit, YeS,, also Eisendisulfid, durch »Rösten«,
d. h. Erhitzen in einem Luftstrome, nach der Gleichung:
4 FeS, 4 110, = 2 Fe,0; +385S0,,
erhaltene Schwefeldioxyd!) in große, mit Bleiblech ausgekleidete Kammern, woher
der Name »Bleikammerprozeß«; die Verwendung von Blei ist notwendig, weil die
Schwefelsäure fast alle anderen in Frage kommenden Materialien angreift. Statt der
Stickoxyde führt man zunächst Salpetersäuredämpfe in die Kammern ein und zugleich
Wasserdampf. Die erste Reaktion zwischen Salpetersäure und Schwefeldioxyd führt
zur Bildung von Stickstoffdioxyd und Stickoxyd, die dann in oben angegebener Weise
‘hre Rolle spielen,
In Wahrheit ist der Prozeß wohl etwas verwickelter, das wesentliche aber ist
ımmer die Rolle, die das Stickoxyd NO als Ueberträger des Sauerstoffs
der Luft an die schweflige Säure, spielt...
Das Schwefeldioxyd tritt gemengt mit viel Luft zunächst in eine leere Kammer
ein, in der es den mitgerissenen »Flugstaub« absetzen kann, und dann in einen mit
zinem porösen Material beschickten Turm (Glov.er-Turm), durch welchen von
>ben beständig ein Strom mäßig konzentrierter, mit Stickoxyden beladener sogen.
»nitroser« Schwefelsäure herunterrieselt.. Indem die etwa 300% heißen Gase mit
Jieser Schwefelsäure in, Berührung kommen, wird dieselbe. konzentrierter und die
Gase selbst kühlen sich ab, bevor sie in die nun folgenden »Bleikammern« eintreten;
zugleich findet durch Einwirkung des Schwefeldioxyds auf die Stickoxyde der nitro-
sen Säure z. T. schon hier eine Bildung von Schwefelsäure statt und der Rest der
Ixyde des Stickstoffs wird in die Kammern mitgeführt und kehrt so wieder in den
Beiırieb zurück.
Zusammen mit den Oxyden des Stickstoffs und dem Schwefeldioxyd wird auch
die erforderliche Salpetersäure und Wasserdampf in die erste Kammer eingeführt, in
welcher, sowie in der folgenden zweiten die oben beschriebenen Reaktionen statt-
Anden. Eine folgende dritte Kammer dient hauptsächlich zur Abkühlung der Gase
und zur Verdichtung des mitgeführten Wasserdampfes, Es folgt nun als letztes Stück
des Bleikammersystems wieder ein mit Material von großer Oberfläche beschickter
Turm, der >»Gay-Lussac-Turm«, durch welchen Schwefelsäure von etwa 80 Proz.
Gehalt herunterrieselt, die vornehmlich die Aufgabe hat, die vom Gasstrom (nament-
‚ich aus dem Stickstoff der in dem Prozeß verwendeten Luft bestehend) mitgeführten
Oxyde NO und NO, aufzulösen und so zurückzuhalten, während die übrigen Gase
'n den Schornstein entweichen.
Diese im Gay-Lussac-Turm erhaltene »nitrose« Säure wird dann (zugleich
nit der ziemlich verdünnten »Kammersäure«) dem Gloveriturm vor der ersten
Kammer zugeführt, um dort, wie schon erwähnt, ihre wertvollen Stickoxyde in den
Betrieb zurückzugeben und zugleich konzentriert zu werden, .
Fig. 43 zeigt den Grundriß der wichtigsten Teile eines Bleikammersystems in
schematisch vereinfachter Skizze. K sind die zu mehreren zu einer Batterie ver-
1) Das in Form der »Kiesabbrände« zurückbleibende Eisenoxyd, Fe,O,, findet
ebenfalls technische Verwendung,