Prout’s Hypothese. Wenn das Gewicht und damit die Masse oder Quantität
zines Atomes so bestimmend für seine Art oder Owalität ist, so drängt sich unwill-
zürlich die Frage auf, ob nicht die eine durch die andere, die Art des Stoffes durch
lie Masse bedingt wird, und ob nicht aller Stoff in letzter Linie eine und dieselbe
Urmaterie ist. Dieser Gedanke wurde schon früher von den Philosophen erwogen
ınd teilweise auch angenommen. Im Anfange des vorigen Jahrhunderts schien es,
als ob auf experimentellem Wege eine Stütze für diese Anschauung gewonnen sei.
Bei den Bestimmungen der Atomgewichte zeigte sich nämlich bald, daß die meisten
lieser Werte, auf den Wasserstoff als Einheit bezogen, ganze Zahlen waren; geringe
Abweichungen konnten auf Versuchsfehlern der damals noch rohen analytischen Me-
‘hoden beruhen. Unter dieser Annahme, daß die Atomgewichte aller Elemente ganze
Vielfache von dem des Wasserstoffs seien und zur Erklärung dieses vermeintlichen Ge-
setzes stellte 1815 der Engländer Prout die nach ihm benannte Hypothese auf,
daß der Wasserstoff die Urmaterie sei und daß somit alle anderen Elemente durch
Vereinigung einer (durch das Atomgewicht genannten) Anzahl von Wasserstoffatomen
zntstanden seien.
Hiernach würde also beispielsweise das Natriumatom. aus 23 Wasserstoffatomen,
las Sauerstoffatom aus 16, das Stickstoffatom aus 14 Wasserstoffatomen bestehen, usw.
Heute muß es jedoch als sicher erwiesen gelten, daß die Atomgewichte der
Zlemente nicht genau ganze Vielfache von dem des Wasserstoffs sind, wenn auch
viele derselben sich solchen nähern. Es ist somit die Prout’sche Hypothese in
hrer ursprünglichen Fassung unhaltbar geworden, ihr Grundgedanke hat aber neuer-
lings eine unerwartete Bestätigung gefunden.
Die Elektronen. Bei Untersuchungen über den Durchgang der Elektrizität
Jurch stark verdünnte (Gase, sowie namentlich durch das Studium der radioaktiven
Elemente (vgl. S. 239) ist man nämlich zu sehr merkwürdigen Schlußfolgerungen
gelangt, Es hat sich herausgestellt, daß beim Zerfall gewisser elementarer Stoffe sehr
kleine Teilchen aufıreten, die nichts anderes sind als Elektrizitätsmengen,
denen eine bestimmte Masse (Gewicht) zukommt (analog dem Atomgewicht) und zwar
beträgt dieselbe nur rund !/z000 vom Atomgewicht des Wasserstoffs, nämlich nur
2.00052, wenn H = 1.01. Man kann sie als Elektrizitätsatome betrachten
ınd bezeichnet sie als Z/ektronen. Sie können elektropositiv oder elektronegativ sein
ınd sich auch untereinander zu elektrisch neutralen »Nezxfronen« vereinigen. Durch
ıhre Anlagerung an Atome oder Atomgruppen eines Elektrolyten entstehen die betr.
Zonen (vgl. S. 90), mit positivem Elektron die Kationen, mit negativem die Anio-
ı1en. Für je ı Grammäquivalent beträgt die hierbei aufgenommene Elektrizitätsmenge
ekanntlich 96 540 Coulombs oder Ampitre-Sekunden, es ist dies also die Elektrizi-
:ätsmenge des E/ektröns, wenn die Masse des Wasserstoffatoms = 1.01 g gesetzt
wird. Die Elektronen vermögen nun, wie das Studium der radioaktiven Stoffe er-
zeben hat, sich wieder in Elemente, also in Stoff umzulagern, so daß man zur
Annahme gedrängt wird, daß auch die Elektrizität als Stoff auftreten kann, mithin
hier Kraft und Stoff, Energie und Materie identisch sind. Es erscheint
dann aber auch als sehr wahrscheinlich, daß wie einzelne Elemente bei ihrem Zer-
all nachweisbar Elektronen aussenden, aus denen sich dann wieder andere Elemente
aufbauen, so alle unsere heutigen Elemente sich aus Elektronen gebildet haben, mit-
hin ihre Atome aus einer mehr oder minder großen Anhäufung von solchen Atomen
einer elektrischen Urmaterie bestehen. Es wäre damit die Einheit der Ma-