Full text: Chemisch-technische Untersuchungsmethoden der Gross-Industrie, der Versuchsstationen und Handelslaboratorien (1. Band)

292 Theerfarben. 
analytischen Bestimmungen der färbenden Substanzen. Höchstens kann man 
bei sonst ganz reinen chemischen Individuem F euchtigkeitsbestimmungen ete. 
vornehmen. Die Farbstoffe, wie diese von den Fabriken abgegeben werden, 
namentlich. aber wie sie in den Kleinhandel kommen, sind nur im aller- 
seltensten Falle. annähernd reine chemische Verbindungen, Gewöhnlich 
wird denselben eine mehr oder minder grosse Quantität eines indifferenten 
Verdünnungsmittels z. B. Kochsalz, Dextrin, Zucker etc. zugesetzt. Dieser 
Zusatz kann durchaus nicht als eine Verfälschung angesehen werden! In 
der Fabrikation fallen die einzelnen Darstellungen richt immer in gleicher 
Stärke und Reinheit aus, das Product ist oftmals etwas farbreicher, ein 
andermal dagegen farbärmer. Der Consument verlangt nun aber von dem 
Fabrikanten ein durchaus gleichmässiges Product. Er will genau wissen, 
wieviel er von demselben auf eine gewisse Quantität Wolle, Seide ete. 
nöthig hat, um einen bestimmten Farbenton zu erreichen. Dem Fabri- 
kanten bleibt demnach nichts anderes übrig, als die schwächste, aus der 
Fabrikation hervorgehende Waare als Typ zu benutzen, stärker ausfallende 
Operation dagegen durch Hinzumischung eines indifferenten Vehikels, auf 
die Normalstärke zu bringen. MNoch weitere Verdünnung erleiden die 
Farbstoffe häufig, wenn sie in den Kleinhandel übergehen und es sind 
uns hier Präparate vorgekommen, welche kaum 20 9% Farbstoff enthielten. 
Unter diesen Umständen ist es nun. durchaus nöthig, dass sowohl 
Käufer als Verkäufer den Farbstoffgehalt der Producte vergleichend fest- 
stellen können. Bevor wir das eigentliche quantitative Färben eingehend 
besprechen, ist es nöthig die Umstände kennen zu lernen, unter denen 
sich die ‚verschiedenen Farbstoffe auf der Faser fixiren.. 
Im Allgemeinen zeigen die Theerfarbstoffe ein directes Vereinigungs- 
bestreben zu der thierischen Faser, somit zu Wolle und Seide. Der pflanz- 
lichen Faser z. B. Baumwollen- und Leinenfaser geht diese Eigenschaft 
ab. Diese bedarf besonderer Fixirungsmittel z. B. von Gerbsäure, Thon- 
erde, Zinnoxyd etc., mit denen die Farbstoffe unlösliche Verbindungen ein- 
gehen, Einige Pflanzenfasern, z. B. die sogenannte Jute, besitzen, ver- 
muthlich durch ihren Gerbsäuregehalt, die Eigenschaft, die meisten Farb- 
stoffe ohne solche Beizen zu fixiren. , Andererseits giebt es auch Farbstoffe, 
welche sich ohne Beizen auf Baumwolle anfärben lassen. 
Die Umstände, unter denen sich die Farbstoffe auf der thierischen 
Faser fixiren, sind ausserdem verschieden. So färben sich die meisten 
Farbstoffe, deren färbendes Princip das Salz einer organischen Base ist, 
nur im neutralen oder schwach essigsauren Bade aus. Der Zusatz. einer 
Mineralsäure, oder eines sauren Salzes verhindert das Anziehen an die 
Faser fast vollständig. Zu dieser Gruppe, welche wir als „Neutral- 
farbstoffe“ bezeichnen wollen, gehört das Rosanilin und ein grosser Theil 
seiner Derivate. Besitzt‘ der Farbstoff als solcher dagegen den Charakter
	        
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