Full text: Chemisch-technische Untersuchungsmethoden der Gross-Industrie, der Versuchsstationen und Handelslaboratorien (1. Band)

38 Die analytischen Operationen der chemischen Grossindustrie. 
trole einem Arbeiter gegenüber, welcher vielleicht 10 Jahre Tag für Tag 
dieselben Titrirbestimmungen macht, unnöthig sei und von diesem als 
Beleidigung aufgefasst werde. Ebensowenig als ein Cassenbeamter sich 
durch die Cassenrevisionen verletzt fühlt, darf sich ein solcher Arbeiter in 
seiner Würde gekränkt fühlen. Ist er es dennoch, so macht man ihm be- 
greiflich, dass man ihn bei dem leisesten weiterenAnlass seine Wege gehen 
heisst. Strenge Zucht zu halten, ist für jeden Fabrikbeamten eine gebiete- 
rische Pflicht! 
Die Neigung, den Chemiker zu hintergehen, tritt weniger bei den 
Laboratoriumsjungen als bei den Fabriktitrirjungen hervor. Erstere treten 
als kaum der Schule entwachsene Knaben in den Dienst des Chemikers 
und wenn letzterer nur halbwegs mit Ernst und Interesse seines Erzieher- 
amtes waltet, so wird er in der Mehrzahl der Fälle in seinen Titrirjungen 
eine tüchtige Hülfe bekommen. In etwa 14 Tagen ist ein solcher Junge 
so weit, dass man ihm Titriranalysen anvertrauen kann. Aber erst nach 
2—3 Monaten kann man über seine Qualification sich ein Urtheil erlauben. 
Denn in vielen Gegenden (namentlich in industriearmen) kommen diese 
Jungens mit einem solchen Quantum von Unbehülflichkeit und ungeschliffenen 
Manieren in die ihnen ganz fremdartige Umgebung eines chemischen Labo- 
ratoriums, dass man sich oft wundert, wie sich aus solchen Larven in 
wenigen Monaten ein ganz neuer Mensch entpuppt. Die nach dieser Zeit 
beharrlich Faulen setze man vor die Thüre; die Gutwilligen, aber hierbei 
Beschränkten finden unschwer eine mehr mechanische Verwendung in der 
Fabrik. 
Die Fabriktitrirjungen, welche meist nicht direct unter dem Vorstand 
des Laboratoriums, sondern unter dem Betriebsführer und unter der 
speciellen Aufsicht der Aufseher stehen, betrachten den Analytiker weit 
weniger als ihren Herrn und Gebieter und sind desshalb von diesem weit 
schärfer als die Laboratoriumsjungen zu controliren. Beispielsweise lässt 
man einen ‚solchen Jungen, dessen Zuverlässigkeit man bezweifelt, plötz- 
lich seine Prüfungen sistiren und wiederholt dieselben persönlich. Ueber- 
führt man ihn hierbei eines offenbaren Betrugs oder einer groben Nach- 
lässigkeit, so beantragt man bei seinem Vorgesetzten strenge Geldstrafe, 
unter Umständen sofortige. Ausweisung. | 
Von der richtigen Probenahme der Materialien, welche von den Labo- 
ratoriumstitrirjungen zu prüfen sind, überzeugt man sich zeitweise, indem 
man letztere eine Reihe von Tagen Parallelproben holen lässt. Die aus diesen 
hergestellte Durchschnittsprobe muss annährend dieselben Zahlen geben 
als die in der Fabrik gesammelte Probe. Ausserdem hat man auch ein 
wachsames Auge darauf, dass die Fabrikproben zur festgesetzten Zeit 
(d. h. also alle halbe Stunde, alle Stunde u. s. w.) wirklich genommen 
werden. Bei einiger Uebung erkennt man eine Nachlässigkeit in dieser 
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