Gerichtlich-chemische Untersuchungen.
Dr. P. Jeserich,
zereidietem Chemiker der Berliner Gerichte.
Van
Da in den nachstehenden Anleitungen zu gerichtlich - chemischen
Untersuchungen das bis jetzt vorhandene Material in möglichster Kürze und
Gedrängtheit gegeben werden und alles nicht durchaus zur Sache und zum
Verständniss selbst Nothwendige möglichst vermieden‘ werden soll, so
scheint es angezeigt und gerechtfertigt, wenn wir die geschichtlichen Daten
über die Entstehung und Entwickelung der gerichtlichen Chemie ohne
Weiteres übergehen und die sich für diesen Theil Interessirenden auf die
ausführlichen Angaben in Sonnenschein’s gerichtlicher Chemie u. dal. ver-
weisen.
Es soll deshalb zuerst mit der Stellung des Chemikers als Sachver-
ständigen bei gerichtlichen Untersuchungen begonnen und seine Pflichten
and Ansprüche nach Maassgahe der bestehenden Gesetze geschildert
werden.
Zum Sachverständigen ernennt nach $ 75 Str.-Pr.-O. der Richter; jedoch
sollen, wenn für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich
arnannt sind, nur-dann andere Personen gewählt werden, wenn hesondere
Umstände es erfordern.
Der so zum Sachverständigen Ernannte hat (nach $ 75 Str.-Pr.-O.,
8 372 Civ.-Pr.-0.) der Ernennung Folge zu leisten, wenn er zur Erstattung
von Gutachten der erforderten Art öffentlich bestellt ist oder wenn er die
Wissenschaft, die Kunst oder das Gewerbe, deren Kenntniss Voraussetzung
Jer Begutachtung ist, öffentlich zum Erwerbe ausübt. oder wenn er zur
Ausübung derselben bestellt ist,
Im Falle des Nichterscheinens oder der Weigerung eines zur Kr-
stattung des Gutachtens verpflichteten Sachverständigen, wird dieser zum
Ersatz der Kosten und zu einer Gelästrafe bis zu 300 Mk. verurtheilt;
m Falle wiederholten Ungehorsams kann (nach 877 Str. Pr. 0.) noch
einmal eine Geldstrafe bis zu 600 Mk. erkannt werden. —