Gerichtlich-chemische Untersuchungen. 697
Merkmale von den Obducenten beobachtet und in dem Sectionsprotokoll
niedergelegt worden, wesshalb der Chemiker nie versäumen sollte, sich den
Einblick in die Acten zu verschaffen. den er nach $ 80 der Straf-Process-
Ordnung fordern kann.
Als weitere, so zu sagen immer noch vorbereitende Arbeit folgt als-
dann die Durchmusterung der einzelnen Theile des Objectes. Man thut
gut hierzu die ganze Masse mit destillirtem Wasser zu einem dünnen Brei
anzurühren und absetzen zu lassen.
Bei dieser Durchmusterung, die theils mit blossem Auge theils mit
einer Lupe erfolgt, hat man besonders den Bodensatz, der sich nach einiger
Zeit bildet, zu berücksichtigen. In demselben finden sich häufig abnorme,
charakteristische Bestandtheile, die bei einer damit angestellten besonderen
qualitativen Analyse Aufschluss über die Art der Vergiftung geben können;
3o lagen in einem Falle kleine schwere Körperchen am Boden, die sich
bei der Prüfung als Arsenik erwiesen. In einem anderen Falle liessen
sich deutliche Pflanzenelemente wahrnehmen, die bei genauer Untersuchung
nnd mikroskopischer Prüfung sich als zweifellos von Datura Stramonium
herrührend erwiesen, und somit als Beweis dienen konnten, dass ein un-
fltrirtes Absud von dieser Pflanze gegeben war, was durch den gleichzeitigen
chemischen Nachweis des pupillenerweiternden Daturins bestätigt wurde;
ın einem dritten Falle wurden noch kleine Stückchen unveränderten
Schweinfurter Grüns gefunden. Aehnliche Fälle liessen sich aus der Praxis
noch sehr viele und interessante anführen , was jedoch zu weit führen
würde, da ja schon durch die bereits angeführten Beispiele zur Genüge
der Beweis geliefert sein dürfte, wie wichtig eine genaue Durchsuchung
der Untersuchungsobjecte ist, und wie sie Thatsachen zu Tage zu fördern
im Stande ist, die für die Beweisführung von allerhöchster Bedeutung sind.
Auf diese Arbeit der äusserlichen Besichtigung folgt dann die eigent-
liche chemische Untersuchung auf Gifte beziehentlich schädliche Stoffe,
Hierbei ist vor allem, wenn nicht nur auf einen bestimmten Körper
Rücksicht genommen werden soll, die Untersuchung möglichst derartig
anzuordnen und auszuführen, dass durch die voraufgehenden Operationen,
der Nachweis anderer, später nachzuweisender Gifte nicht erschwert, oder
etwa gar unmöglich gemacht werde.
Ferner ist, wenn irgend möglich, nur ein Theil des zur Verfügung
stehenden Materials in Arbeit zu nehmen, damit für den Fall, dass unvor-
hergesehener Weise durch Springen eines Gefässes, Umfallen desselben
oder dergleichen die in Angriff genommene Substanz verloren geht, stets
a0ch Reservematerial für eine zweite Untersuchung vorhanden ist.
Aus demselben Grunde soll man stets das Filtriren, Absetzenlassen,
Behandeln mit den verschiedenen Reagentien so weit, wie irgend möglich
in recht starken, gegen Zerbrechen möglichst widerstandsfähigen Gefässen
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