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Zweites Buch: IV. V.
Italien wiederholt wanderten, mehr als einmal dahin gerufen
wurden! — Sie konnten wohl versuchen sei es hier, sei es dort,
diejenige sittliche Besserung vorzubereiten, welche die Bedingung
eines fruchtbaren religiös-praktischen Verständnisses des Christen—
thums war; dagegen die Dinge der theoretischen Wissenschaft,
Unternehmungen zur Lösung wissenschaftlicher Zweifel lagen ihnen
fern. Sie waren begeisterte asketische Reformatoren der Kirche;
aber den Welt-Gedanken faßten sie nicht. Er drängte sich viel—
leicht auf, aber nur um abgewiesen zu werden. — Christenthum
und Dasjenige, was Humanistisches an dem restaurirten Heiden—
thum war, konnte durch die Mittel, welche sie zu verwenden in
der Lage waren, nicht versöhnt werden. Also blieb die Nacht der
Barbarei in dem größern Theile der Apenninen-Halbinsel im
Ganzen, wie sie gewesen war.
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Da erglänzte mit Einem Male gegen Ende des Jahrhunderts
ein Licht )y, welches für Frankreich, Deutschland, Italien die ge—
meinsame Quelle der Aufklärung werden zu sollen schien. Es war
ein Kirchenmann, welcher dasselbe anzuzünden unternahm; den—
noch ergoß es seine Strahlen grade über die diesseitige Welt.
Es kündigte sich als Offenbarung der freien Wissenschaft an;
gleichwohl wurde der Träger dieses Lichtes endlich mit der höch—
sten geistlichen Autorität bekleidet. Wir meinen den Philosophen
auf St. Peters Stuhl?).
Grade dann, weñn man die Nachrichten von den Lehrjahren
Berbert's bei den Arabern als unhistorische Legendens) würdigt,
wird seine Erscheinung eine um so geheimnißvollere. Es war die
Macht eines originalen Talents, welche in ihm wirkte; es hatte
sich selbst gefunden und fühlte naturgemäß den Drang sich zu of—
fenbaren. Aber das konnte nur geschehen durch eine Erleuchtung,
welche das blöde Auge der Zeitgenossen blendete. Der Eindruck,