Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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Zweites Buch: VII. VIIJ. 
des Leibes und des Blutes des Herrn im Abendmahl, von dem 
ritisch fragenden Verstande erschüttert, sank dahin. Und nicht 
blos das: seine reflectirende nüchterne Natur, bis dahin durch die 
Autorität gebunden, fand sich selbst erst als erlöste in dem instinc— 
tiven Widerwillen grade gegen dies „Dogma“. Die Periode der 
Prüfung begann. 
VIII. 
Sie hat lange gedauert, in gewissem Sinne erst aufgehört 
mit seinem Leben. Denn das Kritische hat immerdar das Ueber— 
zewicht gehabt über das Bedürfniß des positiven systematischen 
Gestaltens der Lehre. Aber es sind nicht Monate, es sind, wie 
es scheint, Jahre vergangen, in welchen jenes sogar das Aus— 
schließliche in ihm war. Nicht als ob eine methodische kritische 
Untersuchung nach und nach die rationellen Momente ermittelt 
hätte, welche alle zusammengefaßt zur Läugnung endlich nöthig⸗ 
ten. Vielmehr, was er später Anderen so oft gesagt hat, daß 
die Unhaltbarkeit der Wandelungslehre abgesehen von aller wis— 
senschaftlichen Argumentation an der Evidenz der Wahrheit er— 
kennbar werden müsse, das hat er sicher selbst zuerst erfahren. 
Der rationelle Instinct hatte längst entschieden, als die Begrün— 
dung erst begann. Jener wirkte als das Erste, diese war das 
Zweite und doch keineswegs ein Nachträgliches. Eine so stark in— 
tellectualistische Natur wie Berengar konnte nicht ruhen, bis sie 
sich selbst wie Anderen Genüge geleistet hatte auch in dem Be— 
wveise. Und selbst als dieser längst gelungen war, befand er sich 
doch noch hinsichtlich der thetischen Lehre im Suchen ). Das allzu 
rasche Fertigsein ist vom Uebel, wie er meint?); die wissenschaft⸗ 
liche Forschung kommt nur langsam weiter. Nur um einen vor—⸗ 
läufigen Halt zu gewinnen, einer Autorität eine andere entgegen— 
zusetzen, hatte er sich nach einer ungefähren Kenntnißnahme von 
dem Stande des Abendmahlsdogmas im neunten Jahrhundert
	        
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