Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

Zweites Buch: XIII. 
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ein Fragender in Person zu dem neuen Orakel der' Aufklärung, 
zeine schriftliche Anfrageus) in dessen Hand. Aber auch ungefragt 
gab es Antworten: geheime Boten 14) gingen hin und her, Cor— 
respondenzen einzuleiten, zu erleichtern. Die wenigen Briefe, welche 
aus denselben übrig sind, scheinen nichtsdestoweniger zum Rück— 
schluß auf die verlorenen zu berechtigen: aufdringlich und schmeich— 
lerischts), einschüchternd und maßlos preisend versuchen sie zu 
überrumpeln. Der eine Adressat wird als Lichtfreund gerühmt; 
aber um so dreister das Befremden darüber ausgesprochen, daß 
er durch seine Zurückhaltung der Gefahr sich aussetze, für einen 
Finsterling gehalten zu werden 16). Anderen wird ins Gesicht 
gesagt, nur die Feigheit hindere sie, die in dem Herzen erkannte 
Wahrheit auch mit dem Munde zu bekennen27), — bei Tage zu 
dem Herrn Jesu zu kommen ohne „Furcht vor den Juden“18). Und 
doch möge man wohl bedenken 10), was Luc. XI. 32 geschrieben 
steht! — Ein Dritter, welcher erst noch überlegen will, muß die 
Frage hören, ob denn vielleicht auch er noch in dem Dunkel der 
Unvernunft 20) befangen sei. — Wer die Augen nicht eines Rin— 
des, sondern eines Menschen21) habe, brauche diese doch nur auf— 
zuschlagen, um zu sehen. Die Sache sei ja evident; nur das 
Kine unbegreiflich, wie so lange habe unklar bleiben können, was 
so klar sei wie das Tageslicht?2). Jedermann, welcher das Herz 
auf dem rechten Flecke habe28), müsse dermalen der Wahrheit 
die Ehre geben. Alle unwürdige Menschengefälligkeit soll dem 
Drange der Ueberzeugung weichen; jeder Vernünftige als Licht— 
träger vor der Welt auftreten, um das finstere Gewölk der Wahn— 
lehre zu zerstreuen 2). Daneben fehlt es nicht an allerlei Artig— 
keiten. Der Verfasser des Briefs ist, wie er sagt, sich nur allzu 
sehr der eigenen Unbedeutendheit bewußt; wenn aber ein Mann 
vie der Empfänger ihm ausdrücklich zustimme280), werde das 
einen ganz andern Eindruck machen. — Sonst aber führte in die— 
sen Schriftstücken meist eine hochmüthige Intoleranz, die Unge— 
duld eines propagandistischen Eifers die Feder. Man merkt es 
Reuter, Geschichte der Aufklärung im Mittelalter. Bd. J. 8
	        
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