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Zweites Buch: XIV..
als der Fallibilität Sitz ist damals Rom Jedem kenntlich ge—
worden, welcher Augen hatte zu sehen.
Aber freilich zu Alexander's II. beziehungsweise zu Gregor's VII.
Zeiten sah Berengar dort ein ganz Anderes. Mit einem Male
ist daselbst, wie es scheint, die apostolische Autorität wieder—
hergestellt. Jener weiß jetzt nur in Worten der Ehrerbietung von
der Erhabenheit des römischen Cardinalats11) zu reden. Durch
den Gruß, dessen ihn der apostolische Vater gewürdigt hat, fühlt
er sich auf das Höchste geehrt12); sein Segen ist ihm eben so
heilig wie den treuen katholischen Söhnen allen. Das Bedürfniß
die Wahrheit vor der Welt zu bekennen muß nunmehr der Pflicht
des Gehorsams13) weichen; auch er legt die Finger auf die Lip—
pen, nachdem Seine Heiligkeit geruht hat, das weise Gebot des
Schweigens zu ertheilen!). — Allein als er auf dem römischen
Concile im Jahre 1079 von Gregor VII. sich betrogen wähnte, da
wurde „der verrätherische, verdummte Papst“ 180) wieder ein Lieb—
ingsausdruck seiner zornigen Polemik. Diese hat ihn sich selbst
zurückgegeben. Die Accommodation ist zu Ende, die Autorität
und ihr Feind stehen wieder einander gegenüber, — freilich nach—
dem dieser von jener im Staube gekrochen ist.
Aber auch das Verfahren auf der anderen Seite scheint der
Tonsequenz zu ermangeln. Die inquisitorische Strenge und die
oerhältnißmäßige Duldung, welche die Päpste, wie bereits vor—
ausgesetzt wurde, bewiesen haben, ist so auffällig, daß gerade
darum das Verständniß dieser wandelbaren Politik um so drin—
gender erfordert wird. — Es kann keine Frage sein, daß der
zweite Abendmahlsstreit der römischen Curie höchst unbequem kam.
Ganz andere Aufgaben als doctrinäre war sie damals im Begriffe
zu lösen. Dergleichen vergleichgültigten sich ihr in Vergleich zu
der welthistorischen Mission, welche sie meinte erfüllen zu sollen.
Wäre diese Fehde nur eingeschränkt geblieben auf die Französische
Landeskirche oder eine lediglich dogmatische gewesen, gern würde
sie dieselbe Zurückhaltung gezeigt haben, welche einst Nicolaus J.