Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

Zweites Buch: XIV. 119 
während des Gottschalk'schen Streites geübt hatte!6). Aber das 
Abendmahl war nicht blos Dogma, es war auch Element des 
Cultus und darum dem prattischen Volksglauben unvergleichlich 
wichtiger als die prädestinatianische Theorie. — Zwar hatte Rom 
im neunten Jahrhundert in Betreff der Beurtheilung der Lehre 
des Paschasius Radbertus schweigen können, aber nur deßhalb, 
weil es nicht gefragt worden war; der Conflict zweier schulmäßi⸗ 
gen Theorien hatte die Sicherheit des katholischen Bewußtseins 
nicht gefährdet. Dagegen sogleich im Anfange des Berengarischen 
Handels zeigte dasselbe sich überaus empfindlich, wie wenigstens 
jene kirchlichen Eiferer sagten, welche unter Voraussetzung der 
Wandelungslehre als eines unzweifelhaften Dogmas lediglich die 
Verurtheilung des neuen Häretikers von der Curie verlangten. 
Zu dieser selbst gehörten aber nicht Wenige17), welche, jene Vor— 
aussetzung bestreitend, vielmehr selbst noch die Suchenden waren. 
Und doch stimmten die Einen mit den Anderen darin überein, 
daß die Römische Traädition die Stätte alles Suchens und Fin— 
dens sei. Allein die Suchenden 18) fanden ein Anderes als die 
des Fundes sich Rühmenden: die Thatsache, daß ein identisches, 
fest ausgeprägtes Abendmahlsdogma aus der alten Kirche nicht 
iberkommen war. Die Verlegenheit war peinlich; denn dies Ein— 
geständniß schien ganz geeignet, das Vertrauen zu dem katholischen 
Grundprincip in Frage zu stellen. Wie war es also zu verwun— 
dern, wenn die Curie sich übereilte, — dann wieder zauderte? — 
Zwei Parteien innerhalb ihrer selbst standen einander gegenüber. 
Beide waren gleicherweise streng Römisch; aber die eine, darauf 
bedacht die Autorität Roms vor allem auf das Fundament der 
Orthodoxie zu stützen, verlangte eine reiche volle Formulirung der 
ängst hier einheimischen Lehre. Die andere, wesentlich kirchlich 
oolitisch gestimmt, hätte sich am liebsten begnügt mit einem un— 
bestimmten dogmatischen Formular, um desto bestimmter die realen 
Machtverhältnisse zu sichern. Jene ward von Humbert, diese von 
Hildebrand geführt. Folgerecht mußte jener ebenso exclusiv gegen
	        
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