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Zweites Buch: XVII.
digt, durch den Gedanken, die Wissenden geworden zu sein, be⸗
zlückt, mochten darum in zweiter Linie die Glaubenden bleiben
oder werden. Die andern stimmten dem bescheidenen Apologeten
in der Schätzung des nur verhältnißmäßigen Werthes des wirk⸗
lich Geleisteten nur zu gern bei; aber in Erinnerung an jene
anderen, die Ansprüche erheblich höher spannenden Verheißungen,
in welchen er die Evidenz der Argumentation in Aussicht zu
stellen schienzo), fühlten sie sich nunmehr als die Getäuschten.
Sie hatten, von dem Gedanken an das Irrationale des Dogmas
zgequält, in dem stringenten Beweis zugleich mit der Erlösung
»on der Autorität den verlorenen Glauben wiederzufinden ge—
jofft. Statt dessen war ihnen mit der Einsicht in das Mißlingen
des ersteren vielleicht auch der Versuch diesen herzustellen miß—
lungen. An Stelle jener Plerophorie, welche Anselm selbst in
diesem Falle forderte, trat dauernd die Skepsis. — Und diese be—
zog sich wahrlich nicht auf Kleinigkeiten. Es gab, wie es scheint,
derer nicht wenige, welchen die stete Rede von dem Willen Gottes,
als der höchsten Instanz, bei der man sich zu beruhigen habe,
als eine Ausflucht der Verlegenheit galt. Dem Satze: das von
Bott Gewollte ist das Vernünftige, stellten sie den andern ent—
gegen: das Vernünftige ist das von Gott Gewollte. Alles, was
der menschlichen Vernunft widerstreitet, kann nicht das von ihm
Gewollte sein?1). — Nicht die eine oder die andere dogmatische
Detailfrage bereitete Bedenken; grade die unzweifelhaft funda—
mentalen, wie die nach der Existenz und dem Wesen, nach der
Möglichkeit und Wirklichkeit der Menschwerdung Gottes, der Noth—
wendigkeit der Versoöhnung bewegten gewisse Kreise. Anselm
—DD—
Monologium und Proslogium gewidmet sind, von ihm verlangt
hätten; von Gelehrten, von Ungelehrten, welche mit den bezüg—
lichen Scrupeln sich quälten. Das veranlaßt, vor allem an
Mönche zu denken, nicht lediglich an die in seinem Kloster ein—
heimischen, aber doch vornehmlich an diese. Also waren — wenn