Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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Drittes Buch: III. 
eine ganz besondere Freude2). Der andere, der sich bewogen 
fühlte, eine bewegliche Epistels) über die Tändeleien des Hof— 
clerus des Königs Heinrich II. von England zu schreiben, brauchte 
nicht lange Forschungen anzustellen: den Stoff lieferten die eignen 
Erfahrungen. Auch er hielt es für das Gerathenste, die eigene 
Vergangenheit zu verdammen). Je rückhaltsloser die Confessionen 
lauteten, um so wirksamer sollten sie rühren. Aber der Mann, 
welcher diese Umkehr predigte, hatte sie selbst noch nicht voll— 
zogen. Er redete sich das vor und konnte es doch nicht be⸗ 
glaubigen. Daß die Ruhe der Seele nur zu finden sei in dem 
Erbe der Heiligen, davon bekennt er überzeugt zu seins); aber er 
hat zuviel gelebt in dieser Welt, „um jenes erwerbens) zu können.“ 
In der That, das ist deutlicher geredet, als Noth that. Der 
scharfsinnigere Leser erkennt auch ohn solche Erinnerung in den 
zierlichen Sätzen, welche jene Asketen-Moral verkündigen, den 
rylistischen Stutzer. Mag er auch noch so heftig klagen über die 
Verirrungen der Zeitgenossen?), ein Wehe ausrufen über die 
schlimme Verweltlichung; er selber bleibt doch, was er war. Die 
Welt ist arg, aber doch gut genug um als Schauplatz des lite— 
cärischen Ehrgeizess) zu dienen. — Episteln über Episteln wurden 
von ihm und Anderen geschrieben, vor den schlimmen Thorheiten 
„der Welt“ zu warnen. Aber was half das? — 
Diese Autoren nicht weniger als die Adressaten waren 
Kinder des Jahrhunderts, von dem modernen Zeitgeiste inspirirt. 
Hier machte sich ein Cleriker, schon hoch in Jahren, immer noch 
mit den Rechts- und Humanitätsstudiens) zu thun und hörte die 
Frage, ob es denn nicht endlich an der Zeit sei sich an des 
Apostels Wort zu erinnern, Christum lieb haben sei besser als 
alles Wissen?0), ließ sich aber dadurch, wie es scheint, in der bis— 
herigen Lebensordnung nicht beirren. Dort hatte ein anderer 
die Bücher überhaupt bei Seite gelegt, um das Geschäft des 
Geldmachens11) zu übernehmen. Aber auch da, wo das wissen— 
schaftliche Interesse sich erhielt, wollte es doch keineswegs sich sei
	        
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