Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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bald den Tag der Erleuchtung und übten sich in der Kunst, die 
Offenbarungswahrheiten in Vernunftwahrheiten zu verwan— 
delnu1) — dieselben Andere zu lehren. 
Es mag geschehen sein, daß der Meister tiefere Naturen zu 
eigenthümlicher Untersuchung anregte; die Mehrzahl, fertig nicht 
minder als die verschrieenen Kirchenmänner, lernte vielleicht nur 
neue „Dogmen“ statt der alten in alter Weise. Was bedurfte 
es noch der Prüfung? — Die Wissenschaft hatte ja durch Abälard 
gesprochen2), ihre Wahrheit war evident. — Das Credo war 
nicht mehr an der Zeit, aber um so stärker das Bedürfniß, dasselbe 
zu bekritteln. 
Einst hatte die Christenheit geglaubt, den Glauben in Glau⸗ 
bensgeheimnissen bekannt. Jetzt gälte es, sagte man, dieselben 
durch das Begreifen zu enthüllen. Die Theologen alten Schlages 
hatten gelehrt und lehrten, der Väter Satzungen seien die für 
alle Zeiten aufgerichteten Grenzsteine. Dem jungen Frankreich 
war es eine Lust zu zeigen, wie man dieselben zu zertrummern 
habens), um dem religiösen Fortschritt die Bahn zu bereiten. 
Die Maänner des alten Glaubens redeten immer noch von den 
dem Menschengeiste gezogenen Schranken. Der neue Glaube sah 
grade darin das Vorurtheil der Unmündigkeit und wußte dasselbe 
nicht weniger zu begreifen, als die alten Dogmen. Diese kündigten 
sich selbst an als Aussagen in Betreff übervernünftiger Dinge. Das 
neue Dogman4) ward construirt, erklärt, mathematisch gewiß be— 
wiesenns) in der Sprache der Vernünftigen für die Vernünftigen!6). 
Und die redeten diese Leute mit einer Fertigkeit, welche in Erstaunen 
setzte. Das hochheilige Mysterium der Trinität wurde mit Einem 
Male so geklärt, daß die Hörer ihrer bisherigen Unwissenheit sich 
schämen mochten. Unreife Knaben, — also erzählten sich wenigstens 
die Frommen — halberwachsene Jünglinge lernten über das Ver— 
hältniß der Dreiheit zu der Einheit, über die Person Christi, die 
Versöhnung, die Sacramente in einer Weise Auskunft geben, als 
handele es sich um Angelegenheiten des gewöhnlichen Lebens. 
Viertes Buch: XVI. 
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