Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

J 
So außerordentlich Erigena's Erscheinung gewesen war, eine 
anmittelbare nachhaltige Bedeutung hat sie nicht gewonnen. 
Einem Meteore gleich hatte sie wohl geleuchtet, aber erleuchtet 
kaum einen der Zeitgenossen, viel weniger der culturgeschichtlichen 
Epoche, welche er erlebt hatte, eine längere, über den Tod hinaus 
währende Dauer sichern können. Im zehnten Jahrhundert sehen 
wir in Frankreich meist nur deren Trümmer. Man hat in Bezug 
auf dasselbe von einer beinahe hundertjährigen Periode der Bar— 
harei überhaupt geredet. Ein Urtheil, so allgemein ausgesprochen, 
allerdings eine Hyperbel, aber doch auch nicht falsch: es prägt sich 
darin der Eindruck aus, welcher die Anschauung des Contrastes der 
Zustände in dem geschichtlichen Betrachter hervorbringt. Der unge— 
fähre Ueberblick sieht von den verkümmerten, aber doch vorhandenen 
Resten des vergangenen Zeitalters, von den vereinzelten Gründun— 
gen in dem neuen ab: die Ausnahmen verschwinden innerhalb der so 
ganz anders gefärbten charakteristischen Umrisse. Uncultur und Igno— 
ranz, Auflösung der gesellschaftlichen Bande und Rohheit der Sitten 
sind die grell hervortretenden Züge des Lebens. Der katholische 
Blaube hat sich auch damals als eine irgendwie zähmende Macht 
bewährt, aber die Kirche, welche denselben aufrecht erhielt, wirkte 
nicht selten mit Mitteln, welche die Herrschaft einer ungeistigen 
Naturreligion vorauszusetzen schien. In der That in einseitiger 
Vergegenwärtigung einzelner Reihen von Thatsachen drängt sich
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.