Full text: Natur und Gott

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Schöpfung und Emanation. 103 
stischer Beurteilung der irdischen Welt und insbesondere des menschlichen 
Körpers bemerkbar; die Urwüchsigkeit der alten Zeit ist von solcher ner⸗ 
vösen Stimmung weit entfernt; des Menschen Schöpfung erscheint als 
vollgültiger Beweis für die Güte und Weisheit des Schöpfers. So wird 
das Brahman geradezu als teleologisches Prinzip im Bau und in den 
Funktionen des Leibes von den Fußknöcheln an bis zum Kopfe gewür⸗ 
digt und in der Üübermacht des Menschen über Welt und Götter erwiesen: 
Wer war's, der ihm Gestalt schenkte, .... den Gang, des Intellekts 
CLeuchte, der Beine kunstvoll Gehwerk? Wer wob in ihn den Aushauch 
ein ... wer war es, der ihm einpflanzte des Opfers Dienst? Wer gab 
ihm Wahrheit, Unwahrheit, wer Tod, wer die Unsterblichkeit? Wer 
war's, der ihm verlieh Kleidung, wer schuf des Lebens Dauer ihm, wer 
reichte ihm der Kraft Gabe, wer schenkte ihm die Schnelligkeit, wer 
pflanzte ihm Samen ein, häufte auf ihn Geisteskräfte, gab Stimme ihm 
und Mienenspiel? Schließlich wird der Mensch gepriesen als die Burg 
Brahmas, deren Bürger er selbst ist, als Meister selbst des Himmelstes). 
Dor Atonhymnus von Amenophis IV. preist den Gott, der das Kind im 
Mutterleibe entstehen läßt und dem Küken in der Schale Luft spendet, 
bis es durchbricht und auf seinen Füßen davon rennt, der alles gemacht 
hat, was auf der Erde ist und auf den Füßen geht, und was schwebt und 
mit seinen Flügeln fliegt, der einen jeden an seinen Platz setzt und schafft, 
wessen sie bedürfen, jeder einzige hat seine Nahrung und seine Lebens⸗ 
dauer ist berechnet; „wie ausgezeichnet sind sie, deine Cinrichtungen, 
du Herr der Ewigkeitro).“ Man darf auf Grund solcher Ausführungen, 
von einem teleologischen Einschlag der Schöpfungsgeschichten sprechen; 
nsbesondere ist der Mensch von den Anfängen seines Werdens an unter 
Gottes Obhut gestelltrnn) und seine Herrschaft und sein Wirken durch 
Hottes Ordnung gesichertr). 
Man darf sogar von einem rationalen Zuge der Schöpfungsmythen 
sprechen. Naturgemäß kann von Ordnung und hHarmonie der geschaffenen 
Welt nur reden, wer eine solche bereits erkannt hat; aber auch an und 
für sich enthält jede Schöpfungsidee eine starke Kationalisierung der 
Welt. Denn unzählige Dinge, die dem Primitiven kraft eignen Rechts 
d. h. vermöge des ihnen anhaftenden „Mana“ göttlich und anbetungs— 
würdig erschienen, verlieren von ihrem Nimbus, wenn sie so sein müssen, 
so gemacht sind, wie sie sind. Die genauere Kenntnis des Mondum— 
169) Atharvaveda 10,2 nach Deussen 2605-270. 
170) Vgl. CLehmann-Haas s. 260f. 
171) hiob 10, 9ff., vgl. Ps. 139, 13 ff. sowie oben 5. 67f. 
72) ps. 8; Gen. 1, 27 ff.; Psf. 104, 23.
	        
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