Full text: Natur und Gott

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UÜbernatur und Natürlichkeit der Erlösung. 127 
gestellt; die Gottheit ist als Schöpfer aller Dinge und ihrer Ordnung 
über alle Analogie zum Naturwesen hinausgewachsen und verfügt nach 
hrem Belieben über die ganze Natur zur Durchführung ihrer Pläne. 
Aber auch diese Pläne beginnen sich über Natur und Welt zu erheben. 
Neben dem Schöpfungsgedanken wird vor allem der Erlösungsgedanke 
wirksam. Mehrfach trat er uns schon in seinen Beziehungen zur Schöp— 
fung entgegen, jetzt wollen wir ihn, soweit es unser Thema erfordert, 
also nicht nach allen Seiten hin, sondern soweit er eine Überhöhung oder 
Uberwindung der Naturreligion in sich schließt, ins Auge fassen. Man— 
ches, was in diese Sphäre gehört, ist uns schon im Laufe unserer Un— 
tersuchung begegnet. Im Werden und Vergehen der Natur erlebt und 
beklagt der Mensch sein eigenes Geschick, dessen Unvermeidlichkeit ihm 
durchaus nicht einleuchtet?⸗). In der leuchtenden Himmelswelt erkennt 
er eine Stätte unvergänglichen Lebens und sie wird Gegenstand seiner 
Sehnsucht. Kiten, Mysterien, Erkenntnis und Weisheit bahnen ihm den 
Wegees). Aber auch in der Welt beginnen sich den Herrschern und den 
Weisen und mit ihnen dem ganzen Menschengeschlecht neue Aufgaben 
zu stellen, durch die es sich zum Range göttlicher Wesen erhebt?s). Ziel 
der Weltgeschichte wird die Durchführung der gottgefälligen, über die 
Natur übergreifenden Lebensordnunges). Die Zusammenfassung dieser 
Gedanken zu einem einheitlichen Ideal der Lebensführung und zu ein— 
heitlicher Weltbetrachtung macht das Wesen der Erlösungsreligion aus. 
Ihre Ausgestaltung hat sie in sehr verschiedenen, nicht nur divergenten, 
sondern geradezu gegensätzlichen geschichtlichen Formen gefunden. Das 
ist so bekannt, daß ein Eingehen darauf sich erübrigt. Hier soll vielmehr, 
da unser Thema die Überwindung der Naturreligion ist, der Dersuch ge— 
macht werden, die bei aller Gegensätzlichkeit doch vorhandene Gleich— 
artigket der religiösen Tendenzen herauszuheben. 
UÜbereinstimmung herrscht in allen Erlösungsreligionen darüber, 
daß der Mensch und seine Erlösung ihr eigentliches Thema bildet. Ge— 
wiß fehlt ihnen eine Eschatologiees) ebensowenig wie die Kosmologie, 
auch ist das Gefühl der Solidarität mit der ganzen Schöpfung in der 
Erlösungsreligion keineswegs geschwunden?o), aber das wesentliche Inter⸗ 
esse haftet doch an dem Menschen und seinem heil. Was der Mench 
sei, wird freilich in verschiedenen Keligionen verschieden bestimmt. Die 
indischen Erlösungsreligionen denken im entscheidenden Punkte rein indi— 
2940) Vgl. oben S. 48. 72. 206) Vgl. oben s. 87ff 
206) Vgl. oben 8. 97f ff. 207) Vgl. oben s. 115 ff 
298) Vgl. oben S. 116f. 200) Ebenda s. 612f.
	        
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