Full text: Natur und Gott

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Stellung des Menschen im Weltganzen. 177 
Cicht auf den ersten Menschen. Der Urzustand ist ungetrübte Gemein— 
schaft mit Gott, ein auf das Gute gerichteter, wenn auch noch nicht im 
Huten befestigter Wille, volle Harmonie des eigenen Wesens, kein Kampf 
des Fleisches wider den Geist, aber auch keine Schmerzen, keine Mühen, 
eine Natur ohne Mängel, ein Leben im Paradies, das nie aufhören sollte. 
So wenig die augustinische Beurteilung der empirischen Mensch— 
heit in ihrer ganzen Strenge jemals Eigentum der ganzen Christenheit 
geworden ist — der Orient hat sich von jeher spröde dagegen verhalten 
und auch im Westen ist sie erheblich abgeschwächt worden —, so sehr ent⸗ 
sprach die Versetzung der ersten Menschen in einen Zustand idnllischer 
Unschuld und Glückseligkeit dem Geschmack der ganzen Zeit. Daß der 
Tod samt allem sonstigen Elend erst die Folge von Adams Ungehorsam 
sei, haben auch die späteren griechischen Lehrer angenommen!uah. Man 
muß hinzunehmen, daß die Auffassung des in der Auferstehung mit— 
geteilten Leibes als identisch mit dem natürlichen sich fast ohne Ein— 
schränkungus) durchgesetzt hat. Allerdings nahm Origenes einen Auf—⸗ 
erstehungsleib an, der nicht grob materiell, sondern ätherisch, nicht flei— 
schern, sondern pneumatisch und dem der Engel ähnlich sein, insbeson⸗ 
dere die Ernährungs- und Sortpflanzungsorgane nicht enthalten solltette). 
Aber diese Annahme vermochte sich, trotzdem u. a. die drei großen Kap⸗ 
radozier ihr zugestimmt hatten, nicht zu behaupten; auch Hieronymus 
uind Augustin, die sie eine Zeitlang vertreten hatten, gaben sie auf; nur 
körperliche Defekte, meinte letzterer, würden an den Frommen in ihrer 
Auferstehung getilgt, doch so, daß die Grundzüge der vorigen Gestalt 
nicht verwischt würden!ur). Was durch die Auferstehung hergestellt wird, 
ist mithin nichts anderes, als was die Menschheit nach göttlicher Bestim— 
mung erreichen sollte und ohne Adams Fall ohne Tod erreicht hätte. 
Diesem Gedankengang gliedern sich aufs beste die Betrachtungen 
ein, die über die Verderbnis der Natur infolge der Sünde angestellt wer— 
F 114) Pgl. Chrys. in Ps. 50 hom. 2; Joh. Damasc., de fide orth. II, 28, 
anscheinend auch schon Athanasius. Dagegen hat allerdings Justin und ebenso 
Tlemens und Origenes das leibliche Sterben für ein in der Natur des Men— 
schen, ganz abgesehen von der Sünde, begründetes Geschehen angesehen. Just. 
Apol. U, 11. Clem. Strom. VII, 808. UI, 540 P. Clemens erklärt Röm. 6, 12 vom 
geistigen Tode. Origenes sieht ohnehin den leiblichen Tod nicht als Übel an 
sin ep. ad Rom J. VI 8 6, in Matth. XIII 87, in Joann. XVII 8 37). 
115) Wenn vereinzelte christliche Platoniker wie Synesius auch in später Zeil 
in der Auferstehung nur eine Allegorie sehen, so ist das wirkungslos geblieben. 
116) De princ. II 10. 
u1) hieronymus ad error. Joann. hierosol. ad Pammach. (opp. II 118) 
nimmt Zähne, Bauch, Genitalien des neuen Leibes an; auch Erhaltung der Haare 
schloß er aus Mt. 10, 30; Aug. de civ. Dei XXII 19. 
Titius, Natur und Gott.
	        
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