Full text: Natur und Gott

Zur Einführung. 
als in sich selbst falsch erscheinen (wie etwa die niedern Rünste und 
Wissenschaften im ursprünglichen Buddhismus?); in einer weltbejahenden 
Religion aber muß das Erkennen als ein Nachdenken und Erfassen gött⸗ 
licher Gedanken einen hohen Wert gewinnen und ein Widerspruch zwi⸗ 
schen der göttlichen Wahrheit des Glaubens und irgend einer die Welt 
betreffenden Wahrheit erscheint hier undenkbar. Anders sieht freilich 
die Sache vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus. Denn daß es 
religiöse Wahrheiten gibt, läßt sich nach der üblichen Annahme weder 
als Voraussetzung des Naturerkennens noch als seine Konsequenz er— 
weisen. Darum kann es nicht wWunder nehmen, daß zwar nie von theo⸗ 
logischer Seite die Berechtigung der Naturerkenntnis überhaupt bestrit⸗ 
ten, wohl aber von naturwissenschaftlicher Seite jede innere Berech⸗ 
tigung der Glaubenswahrheit abgelehnt ist; es zeigt sich schon hier der 
Glaube als die universalere Größe. 
Veraussetzung solcher Ablehnung ist freilich die Konfliktsmöglich⸗ 
keit, denn bei völliger Divergenz kann ein Mißverhältnis nicht eintreten, 
weil überhaupt kein Verhältnis besteht. Die geschichtlichen Konflikte 
beweisen in dieser Frage nichts, denn sie lassen sich auffassen als ein 
Uberschreiten der Grenzen des eignen Gebiets. Ein Konflikt zwischen 
den ide al gedachten Größen der Naturerkenntnis und des Glaubens ist 
nur unter zwei Voraussetzungen denkbar. Der Glaube muß 1. bean⸗ 
spruchen, ebenfalls Wahrheitserkenntnis zu sein; 2. diese Wahrheits— 
erkenntnis muß zur Naturerkenntnis in Konkurrenz treten können. Die 
erste Poraussetzung ist jederzeit gegeben, denn es ist kein religiöser 
Glaube denkbar, der nicht gewisse Sätze mit dem Anspruch auf Wahr⸗ 
heit in sich enthielte, sei es, daß, wie zumeist, die Existenz und Wirksam— 
keil göttlicher Wesen behauptet wird, oder etwa, wie im ursprünglichen 
Buddhismus, die Wahrheit von der Entstehung und Aufhebung des Lei— 
dens uͤ. dal. Aber für sich reicht diese Tatsache nicht aus, um eine Kon— 
fliktsmöglichkeit zu begründen, denn die beiden Wahrheitsbereiche könnten 
nebeneinander bestehen wie zwei Kreise, die außerhalb einander 
liegen, ohne sich zu berühren. Indes scheint eine solche Auffassung durch 
die Natur der Sache ausgeschlossen. Denn die religiösen Urteile be⸗ 
ziehen sich, wie die naturwissenschaftlichen, auf die Welt und den Men⸗ 
schen; sie reden von beider Ursprung und Ziel; man darf auch nicht 
annehmen, daß ein KRonflikt prinzipiell deshalb ausgeschlossen sei, weil 
die ersten Anfänge und der letzte Verlauf der Welt— und Menschheits⸗ 
kurve jenseits alles wissenschaftlich Erfaßbaren liege; selbst wenn wir 
Dighanikana, übersetzt von Otto Franke 1913 5. 13 f.; die radikalste Ab⸗ 
lehnung repräsentiert heute der Scientismus (s. die Besprechung desselben).
	        
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