Full text: Natur und Gott

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Die neue Naturanschauung u. d. relig. Weltanschauung. 229 
versum fast ganz an die Stelle Gottes gesetzteee), in den letzten Schriften 
nähert er sich wieder mehr seinem Ausgangspunkt, der Philosophie des 
Cusaners und stellt in mannigfachen Formen Gott, Natur, Vernunft 
als drei Stufen untereinander; aber eine Trennung von Gott und Uni⸗ 
versum will er auch jetzt nicht, Gott soll weder über noch außer Allem, 
jondern in allem ganz gegenwärtig sein. Das Setzen der Welt ist durch— 
aus nicht als willkürlicher, sondern als notwendiger, eben darum aber 
als freier Alt zu denken; Freiheit und Notwendigkeit ist eins, weil beide 
den Zwang ausschließen. Wie es mit dem Wesen Gottes unvereinbar 
ist, kein Universum zu setzen, so auch, daß er ein endliches setze. Eine 
— D— 
schen Kraft voraussetzen. Das Verhältnis der Gottheit zur Welt kann 
Bruno als das der Substanz zu ihren Bestimmungen denken; dann ist 
das Ganze der Substanz nach eins, während alle Gestaltungen bloß Akzi— 
dentien sind. Er kann aber auch von dem Gedanken aus, daß überall 
der letzte Grund ein Minimum sei, welches sich zu den Dingen verhalte 
wie die Einheit zur Zahl, das Atom zum Körper, sagen, daß Minima 
oder Monaden Keime alles Wirklichen, Gott aber die Urmonade sei, der, 
weil aus ihm alles ist, das Minimum, weil aber auch alles in ihm, 
das Maximum sei. Damit ist der Gedanke zu der Auffassung Gottes als 
einer Vereinigung aller Gegensätze beim Cusaner zurückgekehrt, der letzt⸗ 
lich schon in dem neuplatonischen wie dem platonischen Grundgedanken 
enthalten ist. Platonisch ist ebenso die Darstellung des endlichen Dinges 
und seiner Beziehung zum Unendlichen unter dem Gesichtspunkt des 
Mikro⸗ und Makrokosmos. Aber neu ist, daß das Verhältnis als ein 
solches des Teiles zum Ganzen erfaßt wird, die beide der Substanz nach 
eins sein sollen, neu auch, daß die unendliche Substanz, da sie eine ist, 
auch in allen Dingen ganz sein müsse; damit wird eine unmittelbare 
Gegenwart des Unendlichen in jedem Teile und eine Vergottung alles 
Irdischen, ja selbst der Materiese) erreicht, welche noch über Platon auf 
den ursprünglichen Hylozoismus der Griechen zurückgreift und damit die 
pezifisch⸗ moderne, naturalistische Färbung der mystischen Gedankenreihe 
erzielt; Bruno selbst ist in dieser Kichtung offenbar besonders durch 
Lukrez, aber auch durch seinen Landsmann Telesio beeinflußt. 
ꝛ0) Doch ist auch in De Immenso die Unendlichkeit Gottes durchaus unter— 
schieden von der Unendlichkeit der Welt. Er ist das ganze Universum als Zusam— 
menfassender und als Ganzheit, das Universum dagegen ist Alles im Sinne der 
Entwicklung und nicht völlig und schlechthin (Dialoge übs. v. Kuhlenbeck 8. 47). 
208) Der allgemeine Verstand, das innere Prinzip aller Dinge, ist mit seinem 
„Sein⸗Können“, d. h. der Materie, ganz eins, wie auch der unendliche Ather, 
der alle Dinge aus sich hervorgehn läßt, beseelt erscheint.
	        
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